Fahrverbot als Nebenstrafe
Berlin: (hib/PST) Die Möglichkeit, Fahrverbote auch wegen Straftaten zu verhängen, die nichts mit dem Führen eines Fahrzeugs zu tun haben, ist bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Gegenstand des Hearings war ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze (18/11272), der diese neue Nebenstrafe vorsieht. Richter sollen sie zusätzlich zu der für das Delikt vorgesehenen Geld- oder Haftstrafe verhängen können, wenn ihnen das sinnvoll erscheint. Daneben enthält der Gesetzentwurf eine Reihe weiterer Änderungsvorschläge, von denen sich die Regierung eine „Steigerung der Effizienz der Strafverfolgung“ verspricht, wie sie in der Begründung schreibt. Zudem sollten „Defizite im geltenden Straf- und Strafprozessrecht“ beseitigt werden. Mit eingeflossen sind Vorschläge einer vom Bundesjustizminister eingesetzten Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens.
Mehrere Sachverständige begrüßten die Möglichkeit, bei einer Vielzahl von Delikten kurze Haftstrafen zu vermeiden, indem die Richter stattdessen eine Bewährungsstrafe verbunden mit einem Fahrverbot verhängen. Allerdings empfahl der Straf- und Strafprozessrechtler Thomas A. Bode von der Europa-Universität Frankfurt (Oder), den Gesetzentwurf aus Verfassungsgründen zu ergänzen. Wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes solle der Gesetzgeber ausdrücklich das Ziel angeben, kurze Freiheitsstrafen zu vermeiden beziehungsweise Geldstrafen zu reduzieren.
Für Erik Ohlenschlager, Leitender Oberstaatsanwalt in Bamberg, ermöglicht es die Zulassung von Fahrverboten, „Sanktionsmittel passgenauer zu verhängen“. Gerade im Jugendstrafrecht seien sie zudem ein „sehr wirksames erzieherisches Mittel“. Allerdings sollten objektive Kriterien, wann das Fahrverbot in Frage kommt, ins Gesetz geschrieben werden. Sonst könne es Probleme bei der Anwendung des Gesetzes geben.
Dagegen bezeichnete der Bremer Strafverteidiger Reinhold Schlothauer als Vertreter der Bundesrechtsanwaltskammer das Fahrverbot als „untaugliches Mittel“. Da es kaum zu kontrollieren sei, werde der Grundsatz der Gleichmäßigkeit des Strafens verletzt, wenn ein Straftäter diese Sanktion bekomme und eine anderer für dasselbe Delikt eine andere. Auch seien einzelne Menschen unterschiedlich auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen. Eine Ungleichbehandlung erführen auch Angeklagte ohne Fahrerlaubnis.
Dem widersprach der Münchener Rechtswissenschaftler Heinz Schöch. Bei Tätern ohne Fahrerlaubnis kämen andere Ersatzmaßnahmen wie gemeinnützige Arbeit in Betracht. Da bei der Strafzumessung ohnehin immer differenziert werden müsse, verstoße dies nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auch das Bestimmtheitsgebot bleibe gewahrt, da Mindest- und Höchststrafe klar bestimmt seien.
Der Bonner Kriminologe Torsten Verrell gab zu bedenken, dass die gegen das allgemeine Fahrverbot geltend gemachten Einwände auch für die vorhandenen Fahrverbote bei Straftaten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges gelten würden. Mit der Neuregelung würden „unstreitige Lücken des bestehenden Strafenkatalogs geschlossen“. Die Neuregelung werde „erhebliche individualabschreckende und generalpräventive Wirkung“ entfalten.
Zwei Sachverständige konzentrierten sich auf einen anderen Aspekt des Gesetzentwurfs. Danach sollen Blutproben statt von einem Richter vom Staatsanwalt angeordnet werden können. Für den Münchener Oberstaatsanwalt Wolfgang Beckstein erschließt sich der Sinn dieser Änderung nicht. Die Argumente, die gegen den Richtervorbehalt sprächen, sprächen auch gegen die staatsanwaltschaftliche Anordnung. In der Regel gebe es zwischen 22 und sechs Uhr keinen richterlichen Bereitschaftsdienst. Dann könne die Polizei ohnehin alleine eine Blutprobe anordnen. Auch sei ihm kein Fall bekannt, in dem ein Richter eine von der Polizei gewollte Blutprobe abgelehnt habe. Beckstein plädierte deshalb dafür, die Polizei generell zur Anordnung von Blutproben zu ermächtigen.
Dem widersprach Rechtsanwalt Martin Rubbert vom Deutscher Anwaltverein. Eine Blutentnahme sei ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Durch eine nachträgliche richterliche Überprüfung, auf die der Gesetzentwurf verweist, könne er nicht rückgängig gemacht werden. Deshalb müsse es beim Richtervorbehalt bleiben. Allerdings müsse dann auch ein richterlicher Bereitschaftsdienst rund um die Uhr gewährleistet sein.
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