Bei NSU-Morden fiel Zeugen keine szenetypische Kleidung auf
Berlin: (hib/rik) Die NSU-Täter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos haben bei ihren Morden offenbar darauf geachtet, keine szenetypische Kleidung zu tragen. Als Zeuge vor dem 3. Untersuchungsausschuss (NSU II) sagte Kriminalhauptkommissar Rainer Grimm vom Bundeskriminalamt in der Sitzung am 7. Juli, bei den wenigen Hinweisen aus der Bevölkerung, die es nach den insgesamt zehn Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ in den Jahren von 2000 bis 2007 gegeben habe, sei nie von „rechten Erscheinungstypen die Rede gewesen“. Neben den fehlenden Bekennerschreiben sei das einer der Gründe dafür gewesen, warum das Bundeskriminalamt (BKA) bis zur Enttarnung des NSU im November 2011 nie in Richtung Rechtsterrorismus ermittelt habe. „Uns haben harte Fakten gefehlt, um ein solches Motiv belegen zu können“, sagte Grimm, der selbst der Ermittlungsgruppe „Ceska“ im BKA angehört hat. Sie war nach der Tatwaffe benannt worden.
Auf die Frage der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Susann Rüthrich (SPD), wie er im Rückblick diese Ermittlungen beurteile, sagte Grimm: „Die Bewertungen waren falsch, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ Er und seine Kollegen hätten sich aber „nach bestem Wissen und Gewissen“ bemüht, die Morde aufzuklären. Nach der Enttarnung des NSU sei er „konsterniert und relativ fassungslos“ gewesen. „Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit so etwas und war erstmal sprachlos“, erinnerte sich Grimm.
Relativ wenig Erkenntnisgewinn hatte zuvor die Vernehmung von zwei weiteren Zeugen aus dem Umfeld der rechtsradikalen Szene in Zwickau gebracht, wo das NSU-Trio vom Frühjahr 2001 bis zu den Ereignissen am 4. November 2011 lebte. Zunächst wurde Jens Gützold vernommen, der Kontakte zur Neonazi-Szene der Stadt hatte und jahrelang in der Zwickauer Polenzstraße in einem Haus schräg gegenüber von der Wohnung des NSU-Trios wohnte. Wie schon vor der Polizei gab Gützold auch vor dem Ausschuss an, das Trio nicht gekannt und auch nie gesehen zu haben. Er sei in der fraglichen Zeit oft auf Montage gewesen und habe auch erhebliche Alkoholprobleme gehabt. „Ich war froh, wenn ich am nächsten Tag noch wusste, wo ich bin.“
Ebenso wenig erhellend verlief die Vernehmung von Sebastian Rauh, der in Zwickau die auch von Rechtsradikalen frequentierte Gaststätte „White Trash“ betrieben hat. Er bestritt, dass der damalige Neonazi und V-Mann Ralf Marschner sein Geschäftspartner gewesen sei. Marschner habe das Lokal aber häufig besucht und dabei „seinen bekannten Rattenschwanz“ von Rechtsradikalen und „Stressmachern“ mitgebracht. Nach einem Hausverbot für Marschner habe der dann dafür gesorgt, dass kaum noch Gäste in das „White Trash“ gekommen seien und das Lokal schließen musste. Rauh war bereits der zweite Zeuge, der angab, von Marschner in die Privatinsolvenz getrieben worden zu sein.
Der 3. Untersuchungsausschuss unter Vorsitz von Clemens Binninger (CDU) hat sich jetzt bereits in vier Sitzungen mit Marschner und dessen Umfeld in Zwickau beschäftigt. Die zentrale Frage, ob der seit 2007 in der Schweiz lebende ehemalige V-Mann und Neonazi Kontakte zum NSU-Trio hatte oder gar von den Verbrechen wusste, ist allerdings weiterhin offen.
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