Strategie zur Atommülllagerung
Berlin: (hib/SCR) Mit der Zukunft der Lagerung radioaktiver Abfälle hat sich am Mittwochmittag der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit befasst. Im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches ging es dabei um das von der Bundesregierung vorgelegte Nationale Entsorgungsprogramm (Napo) (18/5980). Das Napo zeigt Pfade auf, an denen sich die Endlagerung von radioaktiven Abfällen orientieren soll. Vorgesehen ist, dass am Standort Konrad, einem ehemaligen Eisenerzbergwerk nahe Braunschweig, schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert werden. Stoffe, die aus sicherheitstechnischen Gründen dort nicht eingelagert werden können, sowie Abfälle aus der Urananreicherung und der zu bergenden Abfälle aus der Asse sollen, wenn möglich, gemeinsam mit hoch radioaktiven Abfällen an einem Standort untergebracht werden.
Um die Suche für letzteren Standort kümmert sich aktuell die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlager-Kommission). Sie soll bis Mitte Juni einen Bericht zu wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kriterien der Endlager-Suche vorlegen. Die Ko-Vorsitzende des Gremiums, Ursula Heinen-Esser, sagte, sie sei zuversichtlich, dass es in der vorgegebenen Zeit gelinge, eine gute Arbeitsgrundlage zu schaffen. Denn der Bericht sei nicht der Abschluss der Arbeit, sondern dann sei der Bundestag wieder gefragt, um zum Beispiel Änderungen im Standortauswahlgesetz auf den Weg zu bringen.
Heinen-Essers Amtskollege Michael Müller lobte das Napo. Es schärfe „die Sichtweise auf unsere Arbeit“. Schwerpunkt der Betrachtungen der Kommission sei der Umgang mit hoch radioaktiven Müll. Es müsse aber auch Klarheit geschaffen werden, wie mit dem Rest umgegangen werden könne. Dies werfe eine Reihe von Fragen auf, die nicht ganz leicht zu lösen seien, etwa in Hinblick auf die Zwischenlagerung an den heutigen Standorten.
Dieses Thema trieb auch die anderen geladenen Sachverständigen um. In Bezug auf die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle sei es wichtig, Schacht Konrad in Betrieb zu nehmen, sagte Michael Sailer (Öko-Institut e.V.), der auch Mitglied Endlager-Kommission ist. „Wir müssen dafür sorgen, dass die unter die Erde kommen.“ Dies sei in Hinblick auf die Zwischenlager nötig, die nicht für längere Zeiträume gedacht seien.
Auch die Zeiträume für die Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle müssten sicherheitstechnisch im Blick behalten werden, sagte Sailer. Es sei wichtig, wie geplant bis 2031 eine Standortentscheidung zu treffen, damit zwischen 2045 und 2050 mit der Einlagerung der bis zu 1.900 Castoren begonnen werden könne. Sicherheitstechnisch relevant sei nämlich, dass sich über die Jahrzehnte durch Degradierungsprozesse die radioaktiven Inhaltsstoffe der Castoren veränderten. Dabei spiele es keine Rolle, wo die Abfälle zwischengelagert werde. Das sei eher eine gesellschaftspolitische Entscheidung.
Horst Geckeis (Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Nukleare Entsorgung) ging auf die kombinierte Endlagerung von hoch radioaktiven Abfällen und anderen Stoffen wie den Asse-Abfällen und Uran-Tails ein. Es handle sich hierbei um „grundverschiedene Abfallströme“. Man müsse mit Wechselwirkungen rechnen. Ob eine solche Kombi-Lagerung auszuschließen sei, sei mangels vorliegender Analysen aktuell schwierig zu sagen.
Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), sagte, er sei „dankbar“, dass das Napo auf dem Weg gebracht worden sei. Damit werde Planungssicherheit geschaffen und anzeigt, wohin die Entsorgungsstrategie gehen wird. König mahnte aber einen langfristigen Blick an. Es sei eine besondere Herausforderung, an künftige Generationen, die mit der eigentlichen Technologie, die Nutzung der Atomkraft, keine Perspektive mehr verbünden, Wissen über die Abfallstoffe und Techniken zu übergeben. Dafür gebe es noch kein schlüssiges Konzept. Zudem müsste auch in den nachfolgenden Generationen ein Problembewusstsein implementiert werden. Denn es brauche auch einen politisch-gesellschaftlichen Willen, sich der End- und Zwischenlagerung weiterhin zu stellen. Aber schon seit dem Beschluss, aus der Atomkraft auszusteigen, sei ein Nachlassen der öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema zu bemerken, sagte König.
Grundsätzliche Kritik am Napo übte Ursula Schönberger (Projekt Atommüllreport). Der darin beschrieben Zeitplan sei „unrealistisch“ und „inkonsistent“. Dies könnte dazu führen, dass Zwischenlagerung nach dem Modell Jülich und Brunsbüttel zur Normalität werde. Für beide Standorte gibt es aktuell keine gültige Genehmigung. Die Realität einer längeren Zwischenlagerung müsse klar kommuniziert und unter anderem unter Einbindung der Bevölkerung umgesetzt werden. Auch die Endlagerung im Schacht Konrad kritisierte Schönberger. Das Lager entspreche nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik.
Diesen Vorwurf wies BfS-Präsident König zurück. König sprach sich aber für regelmäßige Überprüfungen sowie einen Nachweis über die Sicherheit nach Stand von Wissenschaft und Technik vor Einlagerung der Abfälle in Konrad aus.
Ein Antrag der Linken zum Napo (18/5228) lehnte der Ausschuss mit Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen ab.
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