Oppositionsanträge zur Kriminalität gegen Frauen
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben am Donnerstag, 19. November 2020, fünf Anträge der Opposition erstmals beraten, die sich mit dem Thema Kriminalität gegen Frauen beschäftigen. Erörtert wurden der Antrag der Linksfraktion mit dem Titel „Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern“ (19/23999), Anträge der AfD mit den Titeln „Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bei Zwangsheiraten von Frauen in der Bundesrepublik Deutschland“ (19/24397) und „Häusliche Gewalt – Hilfe auch in der Corona-Zeit gewährleisten“ (19/24395), der FDP-Fraktion mit dem Titel „Infrastruktur für Betroffene häuslicher Gewalt in Deutschland krisenfest aufstellen“ (19/19726) sowie der Antrag „Hasskriminalität gegen Frauen endlich erfassen und wirksam bekämpfen“ von Bündnis 90/Die Grünen (19/24382). Die Vorlagen der Linken, der AfD und der FDP wurden an den Ausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend zur federführenden Beratung überwiesen und der Grünen-Antrag an den Innenausschuss.
Antrag der Linken
In ihrem Antrag (19/23999) verlangt die Fraktion Die Linke, Tötungsdelikte an Frauen und Mädchen, die „aufgrund des hierarchischen Geschlechterverhältnisses“ begangen werden, als Femizide anzuerkennen. Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, eine unabhängige „Femicide Watch“-Beobachtungsstelle einzurichten. Diese solle „jegliche Tötung, jeglichen tödlichen Unfall und vermeintlichen Suizid“ einer Frau in Deutschland erfassen, die Daten tagesaktuell veröffentlichen, jährlich einen Lagebericht zu „Femiziden in Deutschland“ erstellen und umfassend Forschung zu Femiziden, deren Ursachen und der Bedeutung von Risikofaktoren betreiben, heißt es im Antrag.
Ferner solle das Lagebild „Partnerschaftsgewalt“ der Polizeilichen Kriminalstatistik erweitert und ein jährliches Lagebild zu sämtlichen Gewalttaten an Frauen, inklusive Partnerschaftsgewalt, erstellt werden. Weitere Forderungen zielen auf den Ausbau eines Hilfesystems entsprechend der Istanbul-Konvention, verpflichtende Fortbildungen für Polizei und Justiz sowie ein Bundesprogramm ab, das Frauen finanzielle Starthilfe gibt, die sich aus Gewaltsituationen befreien wollen.
Erster Antrag der AfD
In ihrem ersten Antrag (19/24397) verlangt die AfD von der Bundesregierung, für Aufklärung und Beratung über Zwangsverheiratung neue Beratungsstellen zu schaffen oder vorhandene Beratungsstellen zu erweitern. Auch sollten Hilfsprogramme für Betroffene zur Verfügung gestellt werden.
Um die Arbeit der Beratungsstellen koordinieren zu können, sollten zuständige Behörden (wie zum Beispiel das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Melde- und Standesämter und alle sonstigen staatlichen. Erfassungsstellen) eng zusammenarbeiten. Daraus soll nach dem Willen der AfD neben der Beratung und Hilfe ab dem 1. Dezember 2020 auch eine bundesweite Datenerhebung entstehen, aus der hervorgeht, wie viele Frauen einer Zwangsverheiratung zum Opfer fielen und wo Schwerpunkte der Prävention bestehen.
Zweiter Antrag der AfD
Die AfD fordert in ihrem zweiten Antrag (19/24395) einen Bericht, in dem für das gesamte Bundesgebiet abgebildet wird, wie in den einzelnen Bundesländern auf „häusliche Gewalt durch die Corona-Einschränkungen“ reagiert wurde. In der Folge sollten die getroffenen Maßnahmen dann auf ihre Wirksamkeit untersucht werden, schreiben die Abgeordneten.
Zudem solle die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern ein Konzept entwickeln, „wie Opfer im Falle eines erneuten Lockdowns besser vor Gewalt geschützt werden können“.
Antrag der FDP
Die FDP verlangt in ihrem Antrag (19/19726), alles zu tun, um von häuslicher Gewalt betroffene Menschen kurzfristig in Schutzeinrichtungen unterzubringen und mittelfristig die Anzahl der Plätze in Schutzeinrichtungen auszubauen. Dafür sollten die Förderrichtlinien des Bundesinvestitionsprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ erweitert werden, damit die Einrichtungen auch bei steigenden Personal- und Sachkosten unterstützt werden können.
Ferner solle die Regierung auf die Einführung eines länderübergreifenden Online-Registers zur Registrierung und Abfrage von freien Plätzen in Schutzeinrichtungen für von häuslicher Gewalt betroffene Menschen hinwirken, das einen besseren Überblick über die Auslastung der Kapazitäten geben und auch länderübergreifende Kooperationen ermöglichen oder erleichtern soll.
Antrag der Grünen
Jede dritte Frau, so steht es im Antrag der Grünen (19/24382), sei Studien zufolge einmal im Leben von Gewalt betroffen. Und obwohl die Zahlen derart frappierend seien, habe die Bundesregierung bisher zu wenig gehandelt, befindet die Fraktion. So würden etwa Gewaltverbrechen, die aus Frauenhass begangen werden, bislang nicht als Hassverbrechen gezählt.
Die Regierung solle deshalb Reformen etwa im Bereich der Gewaltprävention, im Bereich der polizeilichen Meldedienste oder im Bereich der statistischen Auswertung von Gewaltverbrechen anstoßen. Ferner solle, neben einer Reihe weiterer Forderungen, die sich teils auch auf Gewaltanwendungen im digitalen Raum beziehen, Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe wie Meldestellen für digitale Gewalt ausgebaut werden. (sas/ste/vom/19.11.2020)