AfD fordert Bericht zur Finanzierung der Migrationspolitik
Die AfD-Fraktion verlangt Klarheit über die „finanziellen Lasten der Migrationspolitik“. Einen entsprechenden Antrag der Fraktion (19/16488) hat der Bundestag erstmalig am Donnerstag, 16. Januar 2020, kontrovers debattiert.
Im Anschluss beschlossen die Abgeordneten mit Mehrheit der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die Vorlage zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss zu überweisen. Die AfD-Fraktion hatte die federführende Beratung im Innenausschuss beantragt.
AfD-Antrag zu Migrationskosten
Nach dem Willen der Fraktion soll die Bundesregierung den Bundestag jährlich nach Ende eines Haushaltsjahres zum 31. Mai in einem Bericht über die aktuellen Aufwendungen mit Bezug auf ihre Migrationspolitik informieren. Dies soll dem Antrag zufolge neben den Aufwendungen, die beim Bund „im Zusammenhang mit seiner gesamten Migrationspolitik“ einschließlich der „Kosten der sogenannten Fluchtursachenbekämpfung oder anderer indirekter Maßnahmen“ anfallen, auch die Kosten umfassen, die in den Ländern und Kommunen „für die Bewältigung der sogenannten humanitären Migration tatsächlich insgesamt anfallen“.
Für die AfD-Fraktion forderte der Abgeordnete Dr. Gottfried Curio „eine vollständige Information der Bürger“ und eine „Bon-Pflicht“ für die Regierung. Der von seiner Fraktion geforderte Bericht könne als „transparentes Gesamtbild“ für die „ausgepressten Steuerzahler“ dienen. Die für Migrationskosten aufgewendeten Milliarden fehlten an anderer Stellte, etwa bei der personellen Ausstattung der Behörden, Kita-Plätzen, in der Bildung und bei der Infrastruktur. Die „innenländerfeindlichen Ideologen der Regierung“ machten „Politik gegen die eigenen Bürger“, meinte Curio. Zudem seien die Mittel zur Fluchtursachenbekämpfung „komplett rausgeschmissenes Geld“. Deutschland „mit Migranten zu fluten“ sei „gefährlicher politischer Extremismus“, kritisierte der AfD-Abgeordnete.
CDU/CSU: AfD predigt Hass
Für die Unionsfraktion wies Eckhardt Rehberg diesen Vorwurf zurück. „Der Mist, den Sie erzählen, der Hass, den Sie predigen, das ist Extremismus“, sagte der Christdemokrat. Rehberg verwies unter anderem auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum menschenwürdigen Existenzminimum, das sowohl deutschen Staatsbürgern als auch Ausländern zustünde. Die Union sei eine Rechtsstaatspartei und richte sich nach diesen Vorgaben, sagte Rehberg.
Die Kritik an den Mitteln für Fluchtursachenbekämpfung wies der Haushaltspolitiker ebenso zurück. Das sei sehr gut angelegtes Geld. Würde nichts getan werden, wären Not und Elend noch größer. Die Gesamtkosten ließen sich bei Kommunen und Ländern erfragen, ihm reichten die diversen, zur Verfügung stehenden Berichte, sagte Rehberg zur Kernforderung des Antrags.
Für die FDP-Fraktion warf Konstantin Kuhle der AfD-Fraktion vor, ohnehin kein Interesse an einer geordneten Flüchtlings- und Migrationspolitik zu haben. Eine ungeregelte Migrationspolitik sei für sie wie die „Luft zum Atmen“, sagte Kuhle. Die Flüchtlingspolitik habe zu administrativen und finanziellen Belastungen etwa der Kommunen geführt, die sich nicht wiederholen sollten, sagte der Liberale. Für eine Verbesserung der Politik gebe es eine große Mehrheit abseits der AfD. Es sei absurd, alle Veränderungen im Land mit Migration in Verbindung zu bringen, sagte Kuhle und verwies beispielsweise auf die Herausforderungen der Digitalisierung.
SPD erinnert an die Würde des Menschen
Für die SPD-Fraktion warf Helge Lindh der AfD-Fraktion vor, den Wert von Migranten und Flüchtlingen an Kosten sowie „Nützlichkeit“ und „Verwertbarkeit“ zu bemessen. „Die Würde des Menschen bemisst sich danach, dass er ist“, egal woher er komme, hielt Lindh dagegen. Der Sozialdemokrat erinnerte in seiner Rede an eine Kampagne des Rassenpolitischen Amts der NSDAP in den 1930er-Jahren, die auf vermeintliche Kosten sogenannter „Erbkranker“ für die „Volksgemeinschaft“ abgezielt hatte. „Wer solche Anträge stellt, wer solche Reden hält, weiß, in welche Tradition er sich einreiht“, sagte Lindh.
Für die Linksfraktion kritisierte Dr. Gesine Lötzsch die von der Bundesregierung vorgelegten Angaben zu „Flüchtlingskosten“. In diesen würden teils Mittel für Auslandseinsätze und „verdeckte Kriegsführung“ aufgeführt. Die Regierung veröffentliche vollkommen überhöhte Flüchtlingskosten, sagte die Haushaltspolitikerin. So lenke man Hetze und Hass der Menschen auf die Geflüchteten. „Das darf nicht sein“, sagte Lötzsch. Sie verlangte mehr Transparenz der Bundesregierung etwa im Hinblick auf konkrete Angaben zur Steuerhinterziehung durch Vermögende oder Verschwendung bei der Bundeswehr.
Für die Grünen-Fraktion kritisierte Luise Amtsberg, dass es der AfD-Fraktion gar nicht ums Geld gehe. Das Kostenargument sei vorgeschoben, tatsächlich wolle die AfD sagen, dass sie keine Zuwanderung und keine Aufnahme von Flüchtlingen wolle. Die Fraktion könne die geforderten Zahlen nachlesen, aber das würde nicht zu der Erzählung passen, dass der Staat etwas zu vertuschen habe, sagte Amtsberg. Der Antrag triefe zudem von „Verwertungslogik“. Es sei aber nicht in Geld aufzuwiegen, „Menschen vor Krieg und Tod zu retten“, meinte Amtsberg.
Detailregelungen im Antrag
In ihrem Antrag führt die AfD-Fraktion zahlreiche Detailregelungen zur Aufstellung der Kosten an. Dabei interessieren die Fraktion Aufwendungen, die beim Bund und in den Einzelplänen des Bundeshaushalts im Zusammenhang mit der gesamten Migrationspolitik anfallen – sei es für Kosten der Fluchtursachenbekämpfung oder anderer indirekter Maßnahmen, sei es für die Bewältigung der Zuwanderung von Migranten aus humanitären Gründen. Einbeziehen will die AfD dabei jene Haushaltstitel, die diese Kosten enthalten, aber nicht ausdrücklich als solche ausgewiesen sind, und die in den Ländern und Kommunen tatsächlich insgesamt anfallen. Die Fraktion will auch die Länder auffordern, der Bundesregierung die entsprechenden Informationen für einen derartigen Bericht zukommen zu lassen.
Die Fraktion will dabei die in Deutschland befindlichen Zuwanderer nach dem aufenthaltsrechtlichen Status differenzieren. Aufgrund des öffentlichen Interesses an diesen Informationen sollen erforderlichenfalls datenschutzrechtliche Regelungen geändert werden. Im Sinne größtmöglicher Transparenz seien die Kosten in diesem Bericht nach Leistungen aufzuschlüsseln (sas/vom/scr/16.01.2020)