Vier Fraktionen gegen Baustopp für Autobahnen und Bundesstraßen
Während der von den Koalitionsfraktionen beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Mobilität als Rückgrat unseres Wohlstandes sichern – Der Forderung nach einem generellen Baustopp für Autobahnen und Bundesstraßen eine Absage erteilen“ am Mittwoch, 7. Oktober 2020, gab es von Seiten der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der AfD-Fraktion und der FDP-Fraktion massive Kritik an den von Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen geforderten Baustopps für Autobahnen. Den Grünen wurde vorgeworfen, auf Landesebene den Autobahnbau mitzutragen und zu begrüßen, während auf Bundesebene ein Baustopp gefordert werde.
CDU/CSU: Es muss weiterhin in das Autobahnnetz investiert werden
Bei den Grünen gebe es Politiker, die forderten, Autobahnprojekte abzubrechen, die sie selber noch vor ein paar Monaten oder ein paar Jahren unterstützt haben, sagte Dr. Christoph Ploß (CDU/CSU). Ein solcher Ansatz führe aber dazu, dass Investoren sich fragen: „Leben wir hier eigentlich in einer Bananenrepublik?“ So könne man nicht mit den Menschen umgehen, die hier im Land investieren wollen, befand Ploß.
Ein solcher Ansatz führe außerdem dazu, dass Deutschland deindustrialisiert werde, Tausende Arbeitsplätze gefährdet würden und der Wirtschaftsstandort Deutschland geschwächt werde. „Er wird aber auch dazu führen, dass wir unsere Klimaschutzziele verfehlen“, sagte der Unionsabgeordnete. Es sei richtig, dass der Haushalt 2021 Rekordinvestitionen in die Schiene vorsehe. Es müsse aber auch weiterhin in das Autobahnnetz investiert werden – auch im Interesse der Mobilität der vielen Pendler.
AfD: Fernstraßen sind Lebensadern einer modernen Industrienation
Dr.-Ing. Dirk Spaniel (AfD) nannte Zahlen, die seiner Ansicht nach Zielstellungen der Grünen sind. 86 Prozent des Güterverkehrs laufen über die Schiene – nur zehn Prozent entfallen auf den Straßenverkehr. Das seien die Zahlen zur Verteilung des Güterverkehrs in der DDR im Jahr 1989. „Genau dahin wollen Sie zurück, in eine neue DDR – mit allen Konsequenzen für Wohlstand und Freiheit“, warf er Grünen und der Linken vor.
Die Forderung der Grünen nach einem Autobahnbaustopp reihe sich ein in eine lange Liste von Aussagen, „die der Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Land diametral entgegenstehen“. Die Fernstraßen, so Spaniel, seien die Lebensadern einer modernen Industrienation. Es gelte Geld in die Hand zu nehmen, um Deutschland als einen der attraktivsten Unternehmensstandorte der Welt auszubauen, forderte der AfD-Abgeordnete.
SPD: Grüne sind gegen das Autofahren an sich
Mit Blick auf die Grünen sagte Sören Bartol (SPD): „Wer vergessen machen will, dass er in diesem Land in Regierungen sitzt und damit Verantwortung trägt, handelt populistisch und unseriös.“ Grüne Landesminister ließen sich dafür feiern, dass sich das Volumen im Straßenbau verdoppelt habe, sagte Bartol. Es stelle sich die Frage, wie es die grünen Ministerpräsidenten und Verkehrsminister fänden, wenn der Bund seine Planungen für den Straßenbau in diesen Ländern auf Eis legt.
„Oder darf Ministerpräsident Kretschmann Ihre ideologischen Phrasen auf Bundesebene nicht mehr kommentieren, weil sonst deutlich werden würde, wie sehr bei Ihnen Anspruch und Wirklichkeit auseinanderfallen?“, fragte Bartol. Seiner Auffassung nach geht es den Grünen weder um die Mobilität der Menschen noch um den Umbau des Verkehrssystems. „Sie sind gegen das Autofahren an sich“, so der SPD-Abgeordnete. Das sei die DNA der Grünen.
FDP gegen „Rückfälle in grüne Sponti-Politik“
Von grüner Doppelmoral sprach Oliver Luksic (FDP) mit Blick auf die Unterstützung des Autobahnbaus auf Länderebene und der Kritik auf Bundesebene. Knackpunkt sei ja offenbar der Ausbau der A49, bei der es darum gehe, „Nordhessen besser zu erschließen und Dörfer vom Verkehr zu entlasten“. Der erste und der zweite Bauabschnitt seien fertig – eine ganze Reihe an Brücken und Straßen also schon gebaut. „Sollen diese Straßen jetzt im Nichts enden?“, fragte der FDP-Abgeordnete.
Es gebe ein paar Berufsdemonstranten, die vom Hambi (Hamberger Forst) in den Danni (Danneröder Forst) gewandert seien und denen die Grünen nach dem Munde reden wollten. Gleichzeitig habe aber der grüne Verkehrsminister Tarek Al-Wazir im Landtag immer wieder den Ausbau verteidigt und deutlich gemacht, dass die Grünen im Land Hessen, das Projekt fertigstellen wollten. Deutschland, so Luksic, brauche Planungs- und Rechtssicherheit. „Rückfälle in grüne Sponti-Politik können wir nicht brauchen“, betonte er.
Linke: Rodung des Dannenröder Waldes stoppen
Allein schon die Aufsetzung der Aktuellen Stunde sei ein erster Erfolg der „Wald statt Asphalt“-Bewegung, sagte Sabine Leidig (Die Linke) und schob „solidarische Grüße“ an das Aktionsbündnis A49 und an die Baumbesetzerinnen in ihrer hessischen Heimat hinterher. Es sei völlig richtig, dass die Rodung des wertvollen Dannenröder Waldes „sofort gestoppt werden muss“.
Völlig falsch sei es, dass ein Natur- und Wasserschutzgebiet für noch mehr Autobahn und damit noch mehr Verkehr gefährdet werde. Verkehrsminister Scheuer, so Leidig weiter, gehe es nicht wirklich um die lärmgeplagten Menschen in Mittelhessen, die er vom Verkehr entlasten wolle. Wer wirklich eine bessere Anbindung von Gewerbegebieten und weniger Stau für die Anwohner wolle, müsse das Geld entsprechend der vorliegenden Alternativvorschläge einsetzen.
Grüne: Es muss dringend etwas anders werden
Mit dieser Aktuellen Stunde mache die Union deutlich, wo sie stehe „und dass ihr ganzes Wortgeklingel zum Klimaschutz nichts wert ist, wenn es drauf ankommt“, sagte Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen). Noch bitterer sehe es bei der SPD aus, die eine „Betonierer- und Asphaltiererpartei“ sei und rückblickend dem kleinen Koalitionspartner, den Grünen, vorwerfe, beim 2003 erstellten Bundesverkehrswegeplan (BVWP) nicht ausreichend verhindert zu haben, „was die SPD gewollt hat“.
Hofreiter verwies auf die sich verschärfende Klimakrise. Gleichzeitig sinke aber der CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich nicht. „Es muss also dringend etwas anders werden“, schlussfolgerte er. Dem 2016 verabschiedeten Bundesverkehrswegeplan, der bis 2030 gilt, bescheinigte er, völlig aus der Zeit gefallen zu sein. Mit ihm werde Mobilität gefährdet, denn Mobilität bedeute, dass Menschen mobil sein können, auch wenn sie keinen Führerschein und kein Auto besitzen.
Minister: Grüne torpedieren wichtige Projekte
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) machte deutlich, dass die Bundesregierung in alle Verkehrsträger investiere „wie nie zuvor“. Die Grünen torpedierten hingegen wichtige Projekte wie etwa die Fehmarnbeltquerung und forderten den Baustopp von Bundesautobahnen, kritisierte er.
Gleichwohl freue er sich, in ein paar Wochen bei der B38, der Ortsumfahrung Mörlenbach gemeinsam mit dem hessischen Verkehrsminister der Grünen, Tarek Al-Wazir, den Spatenstich machen zu können. (hau/07.10.2020)