Fraktionen positionieren sich im Kampf gegen den Extremismus
„Im Kampf gegen Extremisten sollten sich alle Demokraten stets einig sein.“ Das betonte Dr. Günter Krings (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), zu Beginn seiner Rede während der von den Koalitionsfraktionen anberaumten Aktuellen Stunde mit dem Thema „Keine Toleranz für die Feinde der Demokratie: Extremismus bekämpfen, Polizei und Justiz stärken“ am Donnerstag, 10. September 2020. Es sei daher eine „demokratische Minderleistung“, wenn Gewalttaten und extremistische Vorfälle nur dann angeprangert werden, wenn es in die jeweilige politische Agenda hineinpasst, sagte Krings. Die Bundesregierung, so betonte der Staatssekretär, sei auf keinem Auge blind. „Wir verfolgen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Linksextremismus und Islamismus gleichermaßen mit der gebotenen Härte und Konsequenz.“
AfD spricht von Fake News und Heuchelei
Dr. Gottfried Curio (AfD) nannte es Fake News, wenn „ein Fototermin auf der Reichstagstreppe samt Schwenken internationaler Fahnen“ zum „Sturm auf den Reichstag“ aufgeblasen werde. Absperrungen zu durchbrechen sei nicht akzeptabel. Ebenso wenig, wie dies „zum Putsch hochzustilisieren, nur um nicht genehme Protestler per Kontaktschuld einzuschüchtern“, sagte der AfD-Abgeordnete.
Es sei eine Heuchelei, wenn „ein paar Leute auf den Reichstagstreppen“ als Staatskrise gesehen werden, „drei Tage Bürgerkrieg gegen die Polizei“ – wie in Leipzig geschehen – den Regierenden aber „kein Wort wert sind“.
Ministerin dankt den Polizisten
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte mit Blick auf die Corona-Demonstrationen, sie sei es leid, dass eine extrem laute extremistische Minderheit so viel Aufmerksamkeit erziele, während die breite – nicht lautstarke Mehrheit – sich solidarisch zeige.
Ihr Dank richte sich an die Polizisten, die sich den Extremisten entschlossen in den Weg stellen – „auf den Stufen des Reichstags ebenso wie auf den Straßen von Leipzig“.
FDP: Es darf kein taktisches Verhältnis zur Gewaltfreiheit geben
Für Linda Teuteberg (FDP) ist „jede Form von Extremismus eine ernsthafte Gefährdung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Politische Ziele könnten in Deutschland allein mit friedlichen Mitteln verfolgt werden. „Das unterscheidet uns von autoritären Systemen.“
Teuteberg betonte außerdem, es dürfe kein taktisches Verhältnis zur Gewaltfreiheit geben. Es gebe kein Anliegen, das es rechtfertigen würde, das Gewaltmonopol des Staates infrage zu stellen.
Linke: Eine neue Stufe der Herausforderung
„Frech und anmaßend“, so befand Sören Pellmann (Die Linke), hätten unter den Fahnen des Kaiserreiches, „die traditionell in der rechten Szene nur die Ersatzsymbole verbotener nazistischer Symbole sind“, Rechtsradikale am 29. August versucht, die Stufen des Bundestages zu stürmen. Damit sei eine neue Stufe der Herausforderung erreicht.
Aber schon wenige Tage später habe der Fokus auf den „sogenannten Krawallnächten“ von Leipzig gelegen, kritisierte er. Dort sei ein besetztes und zuvor seit 20 Jahren, „trotz drückender Wohnungsknappheit und Mangel an bezahlbarem Wohnraum“, leerstehendes Haus, geräumt worden. Die Gewaltexzesse in diesen Zusammenhang verurteile er, sagte Pellmann. Die Steinwürfe gegen die Polizei müssten aber eher als Symptome denn als Ursache verstanden werden.
Grüne: Das Gewaltmonopol liegt beim Staat
Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) machte deutlich, dass in Deutschland das Gewaltmonopol beim Staat liege. Wer das relativiere und damit versuche, seine Gewalt zu legitimieren, „untergräbt vorsätzlich unsere Verfassung und die Demokratie“.
In Deutschland gebe es eine Versammlungsfreiheit, die auch für jene gelte, die sich in einer Diktatur wähnten. Die entbinde die Menschen jedoch nicht von der „demokratischen Pflicht“, sich von den Antisemiten, Neonazis und Reichsbürgern, die zu Tausenden in Berlin vor Ort gewesen seien, deutlich zu distanzieren, sagte Notz.
CDU/CSU: Gleichzeitigkeit extremistischer Bedrohungen
„Wir haben es mit einer Gleichzeitigkeit extremistische Bedrohungen zu tun“, sagte Thorsten Frei (CDU/CSU). Es gebe tödlichen Rechtsradikalismus, tödlichen Islamismus aber auch militanten Linksextremismus. All das bedrohe „unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung“, warnte der Unionsabgeordnete.
Bedauerlicherweise habe aber die Debatte die Befürchtungen von Staatsekretär Krings bestätigt, „dass Rechte rechtsextremistische Gewalt relativieren und Linke linksextremistische Gewalt relativieren“.
SPD: Wer sich nicht abgrenzt, ist Teil der braunen Soße
Uli Grötsch (SPD) verwies darauf, dass 90 Prozent der Menschen in Deutschland die getroffenen Corona-Maßnahmen für notwendig hielten. Den anderen, die bei den Demos mitmarschierten, „Seite an Seite mit der AfD, mit Reichsbürgern, Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern“, sagte er: „Wer sich nicht eindeutig abgrenzt, ist Teil der braunen Soße.“
Diese Demos, so der SPD-Abgeordnete, seien ein gefundenes Fressen für Rechtsextremisten. „Anti-Corona-Demos sind von Rechtsextremisten unterwandert“, sagte Grötsch. (hau/10.09.2020)