Bundestag: EZB hat Karlsruher Vorgaben zu Anleihekäufen erfüllt
Der Bundestag hat am Donnerstag, 2. Juli 2020, einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Anleihekaufprogramm PSPP der Europäischen Zentralbank“ (19/20621). PSPP steht für „Public Sector Purchase Programme“ angenommen. Die AfD stimmte dagegen, die Linksfraktion enthielt sich. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 5. Mai 2020 Bundestag und Bundesregierung verpflichtet, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch die Europäische Zentralbank (EZB) hinzuwirken (Aktenzeichen: 2 BvR 859 /_15, 2 BvR 980 /_16, 2 BvR 2006 /_15, 2 BvR 1651 /_15).
Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen
Die vier den Antrag (19/20621) einbringenden Fraktionen schlugen dem Bundestag folgende Schlussfolgerung vor: Den im Urteil des Bundesverfassungsgerichts enthaltenen Anforderungen an das Durchführen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit dem PSPP wird entsprochen. Die EZB habe zu ihren Entscheidungen zum PSPP eine Prüfung der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit der geldpolitischen Maßnahmen vorgenommen. Es seien dabei die wirtschaftspolitischen Auswirkungen des PSPP identifiziert und gewichtet und diese sodann mit den prognostizierten Vorteilen für die Erreichung des definierten währungspolitischen Ziels in Beziehung gesetzt und nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten abgewogen worden.
Der Deutsche Bundestag solle daher die Darlegung der EZB zur Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung für nachvollziehbar und die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts somit für erfüllt halten. Unabhängig davon komme der Deutsche Bundestag dauerhaft seiner Integrationsverantwortung hinsichtlich geldpolitischer Entscheidungen des EZB-Rats nach.
Drei Oppositionsanträge abgelehnt
Abgelehnt wurden Anträge der AfD mit dem Titel „Kritische und effektive Ausübung der sogenannten Integrationsverantwortung des Deutschen Bundestages im Zusammenhang mit Entscheidungen des Rates der Europäischen Zentralbank“ (19/20616), der FDP mit dem Titel „Verhältnismäßigkeitsprüfung fristgerecht dargelegt – Kontrolle der Grenzen der Geldpolitik als Daueraufgabe ernst nehmen“ (19/20553) und der Linken mit dem Titel „Den Konflikt um die Geldpolitik der EZB politisch lösen – EU-Verträge ändern und geldpolitischen Dialog mit der Bundesbank verankern“ (19/20552).
Die Anträge der AfD und der Linken lehnten alle übrigen Fraktionen ab, dem Antrag der FDP stimmte auch die AfD zu.
Abgelehnter Antrag der AfD
Mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts forderte die AfD in ihrem Antrag (19/20616) die Einrichtung einer Berichtsstelle bei der Deutschen Bundesbank, welche dem Bundestag quartalsweise Zusammenfassungen über bankenunionsrechtliche Maßnahmen zuleitet. Insbesondere seien verfassungsrechtliche Erwägungen unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und etwaiger Ultra-vires-Handlungen zu beleuchten. Bei eilbedürftigen Sachverhalten sei ein Zwischenbericht so abzufassen, dass eine der Integrationsverantwortung angemessene Behandlung im Deutschen Bundestag gewährleistet sei.
Ähnliches sollte auch für die Europäische Zentralbank (EZB) angedacht werden. In diesem Fall sollte eine eingerichtete Berichtsstelle dem Parlament halbjährlich Zusammenfassungen über geld- und währungspolitische Maßnahmen zuleiten, heißt es in der Vorlage.
Abgelehnter Antrag der FDP
Die FDP empfahl in ihrem Antrag (19/20553) eine regelmäßige Bundestagsdebatte zum Jahresbericht der EZB und die Einsetzung eines Unterausschusses des Haushaltsausschusses, der die Einhaltung des Verbots der monetären Staatsfinanzierung regelmäßig überprüfen soll. Die Fraktion riet ferner zu einem vierteljährlichen monetären Dialog mit der Bundesbank unter Beteiligung der fachlich zuständigen Bundestagsausschüsse.
Regelmäßige Befragungen der EZB in ihrer Rolle als Bankenaufsicht halten die Liberalen für sinnvoll, um Wechselwirkungen zwischen Aufsicht und Geldpolitik zu erörtern. Sie empfahlen zudem, die Informationsrechte des Bundestages gegenüber der Bundesbank in ihrer Funktion als Mitglied des Europäische Systems der Zentralbanken (ESZB) unter Wahrung der Unabhängigkeit des ESZB gesetzlich zu verankern.
Abgelehnter Antrag der Linken
Die Linksfraktion wollte ein Fragerecht des Bundestags gegenüber der Bundesbank, das mit dem des Europäischen Parlaments vergleichbar ist. Dies geht aus ihrem Antrag (19/20552) hervor, der die Bundesregierung dazu aufforderte, sich bei der Bundesbank entsprechend dafür einzusetzen. Auch sollte hierfür, wenn nötig, eine Änderung des Bundesbankgesetzes auf des Weg gebracht werden, schrieben die Abgeordneten.
Zugleich sollte sich die Bundesregierung auf Ebene der EU dafür stark machen, dass die EZB-Statuten grundlegend reformiert werden. Ziel sollte sein, „das Verbot der monetären Staatsfinanzierung aufzuheben und das Mandat der EZB dahingehend zu ergänzen, dass die EZB die Zahlungsfähigkeit der nationalen Regierungen garantiert“, hieß es in dem Antrag. (ste/02.07.2020)