Bundestag spürt den Ursachen der Ausschreitungen von Stuttgart nach
Die gewalttätigen Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt in der Nacht vom 20 auf den 21. Juni haben den Bundestag während einer von der AfD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde am Freitag, 3. Juli 2020, beschäftigt. 500 vorwiegend junge Männer hatten randaliert, Geschäfte geplündert und Passanten ebenso wie Polizisten attackiert.
AfD: Das Problem heißt Staatsversagen
Nach der Gewaltnacht von Stuttgart könne nicht mehr so getan werden, als gebe es nicht ein grundsätzliches Problem in deutschen Städten, sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Alice Weidel. „Das Problem heißt nicht Rassismus. Das Problem heißt Staatsversagen“, sagte Weidel.
Es habe sich in Stuttgart nicht etwa eine „Party- und Eventszene“ ausgetobt, sondern aggressive junge Männer mit Migrationshintergrund und organisierte, gewaltbereite Linksextremisten. „Beides ist die Frucht falscher, verantwortungsloser Politik“, sagte die AfD-Abgeordnete.
CDU/CSU: Stuttgart ist kein Einzelfall
Stuttgart sei kein Einzelfall, sagte Thorsten Frei (CDU/CSU) und verwies auf die Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg oder der Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. Es sei unsäglich, wenn bis zu 500 Jugendliche marodierend, plündernd und brandschatzend durch die Stuttgarter Innenstadt ziehen.
„Wir brauchen hier eine klare Antwort des Rechtsstaates ebenso wie eine klare politische Rückendeckung für die Polizei“, forderte Frei. An Weidel gewandt sagte er: Zuvor müsse jedoch genau analysiert werden, was passiert ist. Es sei falsch und fahrlässig, Vermutungen in den Raum zu stellen.
FDP: „Partyszene“ verharmlost das Problem
Wer von einer Partyszene rede, verharmlose das Problem, sagte Benjamin Strasser (FDP). Mit Blick darauf, dass 16 der festgenommenen Tatverdächtigen keinen deutschen Pass hätten, müsse über eine Verbesserung bei der „Abschiebung vollziehbarer Ausreisepflichtiger“ gesprochen werden.
Gleichzeitig gebe es jedoch auch Versäumnisse auf lokaler Ebene. Strasser sagte weiter, es sei zuletzt oft davon die Rede gewesen, dass der Polizei der Rücken gestärkt werden müsse. Wer aber in der Rassismusdebatte die Polizei stigmatisierend in eine Ecke stelle, wie die SPD-Vorsitzende Esken, „stärkt der Polizei eben nicht den Rücken“.
SPD dankt Stuttgarter Polizisten
Ute Vogt (SPD) dankte den Stuttgarter Polizisten, die besonnen auf die Angriffe reagiert hätten und forderte dazu auf, sich ernsthaft über die Ursachen solcher Gewaltexzesse Gedanken zu machen. Es seien jungen Männer aus allen Schichten und Regionen unter den Gewalttätern gewesen. Deren Angriffe auf die Polizei zeigten eine Staatsferne.
„Wer Polizei angreift, der greift auch den demokratischen Rechtsstaat an“, sagte Vogt. Das dürfe nicht geduldet werden. Gleichzeitig müsse man aber mit diesen Menschen ins Gespräch kommen.
Linke fordert mehr Sozialarbeit
Die AfD betreibe rassistische Hetze und mache ganze Menschengruppen zu Sündenböcken, kritisierte Gökay Akbulut (Die Linke). Es seien gemischte Jugendgruppen gewesen, die sich an der Gewalt beteiligt hätten.
Die Linksfraktion verurteile diese Gewalt und fordere eine umfassende Aufklärung, machte Akbulut deutlich. So etwas dürfe sich nicht wiederholen. „Mehr Polizeibefugnisse werden aber wenig zur Lösung des Problems beitragen“, befand sie und forderte mehr Sozialarbeit.
Grüne: Alle Gewalttäter gehören gerecht bestraft
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) warf der AfD vor, es sich zu einfach zu machen, indem sie die Schuld auf Migranten schiebe. Bei ihm sitze der Schock über die Ausschreitungen in Stuttgart noch immer tief, sagte der Grünen-Abgeordnete.
„Alle Gewalttäter gehören gerecht bestraft“, forderte er. Zu den Anstiftern gehören aus seiner Sicht aber auch all jene, die die Gewalttaten im Internet feiern, „als ob es eine Heldentat wäre, Schaufenster zu zerstören und auf Polizisten einzuprügeln“. (hau/06.07.2020)