Der Bundestag hat am Donnerstag, 7. Mai 2020, einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD „für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der Covid-19-Pandemie“ (19/18698) angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, AfD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die FDP-Fraktion hat sich enthalten. Zu dem Gesetzentwurf hatte der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Beschlussempfehlung (19/19038, Buchstabe a) vorgelegt. Mit dem Entwurf für ein „Zweites Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes“ (19/18696) wurde in geänderter Fassung eine weitere Vorlage der Koalitionsfraktionen angenommen. Zugestimmt hat die Mehrheit des Hauses bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke. Dazu hatte der Ausschuss für Inneres und Heimat eine Beschlussempfehlung abgeben (19/19036).
Anträge der Opposition
Entschieden wurde zudem im Anschluss an die Debatte über vier Anträge der Oppositionsfraktionen. Der Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Ausgleich bei krisenbedingten Mietschulden für Familien sicherstellen“ (19/18720) wurde mit den Stimmen des Hauses gegen die Antragsteller abgelehnt. Der Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen hatte dazu eine Beschlussempfehlung (19/19035) vorgelegt.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Familien und Kinder in der Corona-Krise absichern – Corona-Elterngeld einführen“ (19/18710) wurde gemäß Beschlussempfehlung des Familienausschusses (19/19038, Buchstabe d) mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und AfD gegen die Stimmen der Antragsteller bei Enthaltung der Fraktionen von FDP und Linken abgelehnt.
Der Antrag der Linksfraktion „Corona-Elterngeld einführen“ (19/18684) wurde gemäß Beschlussempfehlung (19/19038, Buchstabe c) mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Linken abgelehnt.
Der Antrag der FDP „Familien in der Corona-Krise verlässlich unterstützen und auch langfristig vor finanziellen Risiken schützen“ (19/18670) wurde entsprechend der Beschlussempfehlung (19/19038, Buchstabe b) mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD gegen die Antragsteller bei Enthaltung von Linken und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.
Der Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Rettungsschirm für Familien schaffen“ (19/18941) wurde zur federführenden Beratung an den Familienausschuss überwiesen.
Koalition lobt Schutzschirm für Familien
Zu Beginn der Debatte sagte Sönke Rix (SPD), die Bundesregierung wie auch die Koalitionsfraktionen hätten angesichts der Corona-Krise Familien „von Anfang an in den Blick genommen“. Gleich zu Beginn habe es eine Verständigung mit den Ländern gegeben, dass der Bund 50 Prozent der Lohnersatzleistungen über das Infektionsschutzgesetz mitträgt, wenn Eltern ihre Kinder nicht in die Betreuung geben können. Mit den Notfall-Kits werde zudem den Familien geholfen, bei denen die Eltern in Kurzarbeit sind.
Gut und richtig sei es auch, dass sich die Länder auf Kitaöffnungen geeinigt hätten. Rix begrüßte die mit dem zu verabschiedenden Gesetzentwurf erreichbare Flexibilisierung beim Elterngeld. Die Familien, so sein Fazit, seien bereits unter dem Schutzschirm. „Wir müssen aber weitere Maßnahmen folgen lassen.“
AfD kritisiert Panikmache
Kinder und Eltern seien Opfer der Panikmache der Bundesregierung, befand Martin Reichardt (AfD). „Kinder werden ohne wissenschaftliche Grundlage als Corona-Herde diffamiert“, kritisierte er. Eltern hätten ihren Jahresurlaub nehmen müssen, würden von Kurzarbeitergeld und mit der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes leben. „Tüchtige Menschen“ würden zu Bittstellern werden, sagte der AfD-Abgeordnete. Mit dem Gesetzentwurf gebe es nun kleine Korrekturen beim Elterngeld. „Wir werden dem zustimmen, damit wenigstens etwas getan wird“, kündigte Reichardt an. Gleichzeitig warf er der Bundesregierung vor, die Urangst der Menschen um das eigene Leben und das Leben der Angehörigen zu schüren. Ohne Panik und ohne Angst, so Reichardt, könnten sich schließlich Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Söder nicht als Retter der Nation darstellen.
Union sieht Entlastung für Familien
Derartige Verschwörungstheorien bräuchten keinen Kommentar, entgegnete ihm Nadine Schön (CDU/CSU). Die Menschen würden sich ihr eigenes Bild machen. Schön machte auf die vielfältigen Herausforderungen aufmerksam, denen Eltern sich in der Corona-Krise plötzlich stellen mussten. Die Unionsabgeordnete begrüßte es, dass Spielplätze wieder geöffnet hätten, die Notbetreuung der Kitas ausgeweitet werde und die Schulen langsam wieder geöffnet würden. „Die Familien wollen vor allem Entlastung“, sagte sie.
Gleichzeitig gebe es aber auch Familien mit finanziellen Problemen, denen man die Sorgen nehmen wolle. Mit dem Gesetzentwurf werde nun geregelt, dass diejenigen, die Elterngeld beantragen, keine finanziellen Verluste haben. Monate, in denen es Corona-bedingte Einbußen gebe, würden nun bei der Einkommensberechnung ausgeklammert, sagte Schön.
FDP sieht Versäumnisse der Regierung
Laut Grigorios Aggelidis (FDP) brauchen Familien in der Krise vor allem drei Dinge: „Schnelle und unkomplizierte Hilfen, konkrete Perspektiven, wie sich ihre Situation verbessern kann und vor allem Verständnis“, sagte der FDP-Abgeordnete. Schaue man unter diesen Prämissen auf das Regierungshandeln laute das Urteil: „Sie springen immer wieder zu kurz.“ Es sei das Versäumnis der Regierung, dass mit den Lohnfortzahlungen nach sechs Wochen Schluss sei und nun hier vor dem Parlament die Länder aufgefordert werden müssten, „diese bitte mit zu verlängern“. Familienfreundliche Politik bedeute aber nicht allein, mehr Geld auszuteilen, sagte Aggelidis und warf der Bundesregierung vor, die Last bei den Eltern – insbesondere den Müttern - abzuladen.
Linke kritisiert zu niedriges Kurzarbeitergeld
Aus Sicht von Sabine Zimmermann (Die Linke) werden durch die Pandemie die Missstände in der Sozialpolitik der Bundesregierung deutlich offengelegt. Etwa beim „viel zu niedrigen Kurzarbeitergeld“. Mehr als vier Millionen Menschen würden Vollzeit im Niedriglohnbereich arbeiten, so Zimmermann. „Wie sollen Familien mit 33 Prozent weniger Geld auskommen, wenn sie vorher schon knapsen mussten“, fragte sie und forderte die Heraufsetzung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 90 Prozent.
Was die Neuregelung beim Elterngeld angeht, so kritisierte die Linken-Abgeordnete die Befristung bis Jahresende. „Werdende Mütter brauchen Sicherheit“, sagte sie.
Grüne fordern Reduzierung von Arbeitszeit
In Sachen Corona-Elterngeld tue sich bei der Bundesregierung nach wie vor nichts, bemängelte Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen). „Das ist nicht akzeptabel“, befand sie. Dabei sei es aktuell wichtig, den Druck von den Familien zu nehmen – im Interesse der Eltern aber auch der Kinder. „Ein Recht auf Arbeitszeitreduzierung in Verbindung mit Lohnersatzleistungen würde für Eltern und Kinder das Leben in so einer schwierigen Situation so viel besser machen“, sagte die Grünenabgeordnete. Offensichtlich habe die Bundesregierung zwar ein Herz für die Lufthansa „aber nicht für Familien“.
Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD
Dem Gesetzentwurf (19/18698) zufolge sollen Eltern, die in systemrelevanten Branchen und Berufen arbeiten, ihre Elterngeldmonate aufschieben können. Eltern, die die Elterngeldvariante Partnerschaftsbonus nutzen, sollen ihren Anspruch nicht verlieren, wenn sie aufgrund der Covid-19-Pandemie mehr oder weniger arbeiten als geplant.
Während des Bezugs von Elterngeld sollen zudem Einkommensersatzleistungen, die Eltern aufgrund der Covid-19-Pandemie erhalten, die Höhe des Elterngelds nicht reduzieren. Dazu ist ein zusätzlicher Ausklammerungstatbestand für Monate mit Einkommenseinbußen aufgrund der Covid-19-Pandemie geplant. Diese Monate sollen dann bei der Bemessung des Elterngeldes nicht mit einfließen.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion forderte die Bundesregierung unter anderem auf (19/18720), ein Gesetz einzubringen, das die schnelle Einführung eines Anspruchs auf ein erhöhtes Wohngeld für Familien, die bereits einen Anspruch auf einen Kinderzuschlag haben, ermöglicht. Der Anspruch solle auf die Dauer der Corona-Krise begrenzt sein und spätestens am 30. September 2020 enden.
Auch solle die Bundesregierung die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, um eine schnelle Auszahlung an die Anspruchsberechtigten zu ermöglichen und durch entsprechende gesetzliche Vereinbarungen sicherstellen, dass das erhaltene Wohngeld zur Tilgung der gestundeten Mietschulden auch verwendet wird.
Antrag der Grünen
Die Grünen verlangten in ihrem Antrag (19/18710), die im Infektionsschutzgesetz verankerte Lohnentschädigung für Eltern, die wegen einer behördlichen Schließung einer Betreuungseinrichtung ihre Kinder zuhause betreuen müssen, zu verlängern und zu einem Corona-Elterngeld weiterzuentwickeln. Die Nachweispflicht über andere zumutbare Betreuungsmöglichkeiten solle entfallen, Home-Office-Tätigkeit eines Elternteils nicht als Betreuungsoption gewertet werden und die Dauer des Entschädigungsanspruchs an die behördliche Schließung der Betreuungseinrichtungen gekoppelt werden.
Den Wegfall verschiedener Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket sowie steigende Kosten etwa für Lebensmittel will die Fraktion kompensieren, indem ein monatlicher Zuschlag für anspruchsberechtigte Kinder und Jugendliche in Höhe von 60 Euro gewährt und automatisch ausgezahlt wird. Den Anspruch auf Notbetreuung wollen die Abgeordneten bundeseinheitlich regeln und für Familien öffnen, in denen nur ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet, sowie für jene, die mit einem Kind oder mehreren Kindern allein in einem Haushalt wohnen, aber auch für Kinder, deren Wohl gefährdet ist.
Antrag der Linken
Die Linke forderte in ihrem Antrag (19/18684), für die Dauer der pandemiebedingten Schließungen von Einrichtungen zur Betreuung der Kinder sowie von Schulen ein Recht auf ein Corona-Elterngeld einzuführen. Das Corona-Elterngeld solle es Eltern ermöglichen, unabhängig von der Familienkonstellation, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder auszusetzen und dazu eine Lohnfortzahlung zu erhalten.
Analog zum Infektionsschutzgesetz sei die Voraussetzung zu schaffen, die Lohnfortzahlung für Eltern, die wegen Kita- und Schulschließungen nicht arbeiten können und zur Betreuung der Kinder zu Hause bleiben müssen, zu garantieren, heißt es weiter. Dabei sei darauf zu achten, dass während der ersten sechs Wochen die Entgeltfortzahlung zu 100 Prozent geleistet wird. Eltern, die das Corona-Elterngeld beziehen, sollten für die Dauer des Bezugs vor Kündigungen geschützt sein.
Antrag der FDP
Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollen während der Corona-Krise Änderungen beim Elterngeld vorgenommen werden, um Familien vor finanziellen Risiken zu schützen. In einem Antrag (19/18670) fordert sie die Bundesregierung auf, den Bezug des Elterngeldes zu verlängern, wenn sich die Aufnahme von Kindern in einer Betreuungseinrichtung wegen deren Schließung verschiebt. Zudem soll der Zeitkorridor des Partnerschaftsbonus für Alleinerziehende angepasst und der Anspruch von Elterngeld-Beziehern auf den Partnerschaftsbonus auch bei Erhalt von Krankengeld garantiert werden. Ebenso sprechen sich die Liberalen dafür aus, dass Insolvenz- und Krankengeld bei der Berechnung des Elterngeldes vollständig berücksichtigt und Nachteile bei der Berechnung des Elterngeldes durch den Bezug von Kurzarbeitergeld vollständig ausgeglichen werden.
Unabhängig von der Corona-Krise plädierte die FDP-Fraktion für eine Ausweitung des Anspruchs auf Elterngeld auf Pflegeeltern, die ein Pflegekind in Vollzeit aufnehmen. Berücksichtigt werden soll zudem die besondere Situation bei Frühgeburten. So soll der Elterngeldbezug um die Zeitspanne zwischen tatsächlicher Geburt und dem errechneten Geburtstermin verlängert werden. Die Fraktion sprach sich zudem für kurze und angemessene Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Elterngeld und die Zahlung von Erstattungszinsen ab der achten Woche nach Antragstellung aus.
Neuer Antrag der Linken
In ihrem neuen Antrag (19/18941) fordert Die Linke, Hartz-IV-Leistungen rückwirkend ab 1. März 2020 für die Dauer der Krise um 200 Euro pro Person pro Monat zu erhöhen. Bewilligungen sollten befristet unbürokratisch erteilt, die Vermögensprüfungen und Sanktionen sowie andere Leistungseinschränkungen ausgesetzt werden. Schnell bewilligt werden solle auch der Unterhaltsvorschuss, um ausbleibende Unterhaltszahlungen auszugleichen. Zudem solle rückwirkend ab 1. März 2020 das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden, um Alleinerziehende finanziell zu entlasten. Die die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sollten direkt ausgezahlt werden.
Für schulpflichtige Kinder will die Fraktion einen einmaligen Zuschuss für Computer und weitere IT-Ausstattung zahlen. Der Zuschlag solle 500 Euro betragen und alle Familien erreichen, die Arbeitslosengeld II, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung bei Erwerbsminderung, Wohngeld, Kinderzuschlag und Asylbewerberleistungen beziehen. Ebenso solle für die Dauer der pandemiebedingten Schließungen von Einrichtungen zur Betreuung der Kinder sowie von Schulen ein Recht auf ein Corona-Elterngeld eingeführt werden.
Regelungen für Personalratswahlen
Wie CDU/CSU und SPD in ihrem Entwurf zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes (19/18696) ausführen, endet die Amtszeit des Personalrates laut Bundespersonalvertretungsgesetz spätestens am 31. Mai des Jahres, in dem die turnusmäßigen Neuwahlen stattfinden. Das Auftreten der Viruskrankheit Covid-19 führe jedoch zu erheblichen Erschwernissen für die Durchführbarkeit der derzeit stattfindenden Wahlen zu den Personalvertretungen.
Nach dem Gesetzentwurf sollen daher die im Amt befindlichen Personalvertretungen die Geschäfte im Rahmen eines Übergangsmandats kommissarisch weiterführen, „wenn die Wahlen zu den Personalvertretungen bis zum Ablauf der Amtszeit der bestehenden Personalvertretungen nicht erfolgen oder bis zu diesem Zeitpunkt die konstituierende Sitzung der neu gewählten Personalvertretungen nicht stattgefunden hat“. Zudem sollen Beschlussfassungen der Personalvertretungen dem Entwurf zufolge „auch ohne physische Anwesenheit der Mitglieder in Sitzungen vor Ort erfolgen können, indem Sitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz ermöglicht werden“. Beide Maßnahmen sollen laut Vorlage bis zum 31. März 2021 befristet werden.
Beschlossen wurde zudem, den anrechnungsfreien Hinzuverdienst von pensionierten Bundesbeamten und Soldaten auf 150 Prozent der früheren Besoldung befristet anzuheben. Die Regelung soll bis Ende 2020 gelten. Mit der Änderung soll die bereits mit dem Sozialschutz-Paket erfolgte rentenrechtliche Anhebung des Hinzuverdienstgrenze im Versorgungsrecht nachgezeichnet sowie die personalwirtschaftliche Flexibilität gesteigert werden, um aufgrund der Corona-Herausforderungen Pensionäre als Unterstützung zu aktivieren.(sas/hau/sto/07.05.2020)