Kontroverse Debatte über AfD-Antrag zur Grenzsicherung
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 12. März 2020, mit einem Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Grenzen sichern“ (19/17780) befasst. Die Vorlage wurde im Anschluss an die Debatte federführend an den Innenausschuss überwiesen.
Wie die Fraktion darin ausführt, habe der türkische Präsident Erdoğan mit seiner Ankündigung vom 29. Februar 2020, die türkischen Grenzen gegen illegale Migration nach Europa nicht mehr zu schützen, erhebliche „Migrantenströme“ in Bewegung gesetzt. Durch das Vorgehen der Türkei sei eine Lage entstanden, die die Sicherheit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten gefährde.
Die Bundesregierung wird in dem Antrag unter anderem aufgefordert, der türkischen Regierung unmissverständlich klar zu machen, dass Deutschland ihre Grenzöffnung als feindseligen Akt betrachtet und entsprechend darauf reagieren wird. Auch solle die Bundesregierung den Regierungen Griechenlands und Bulgariens weit über das bisherige Maß hinaus massive personelle und materielle Unterstützung zur Zurückweisung illegaler Grenzübertritte anbieten. Ferner fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, durch eine Erklärung der Bundeskanzlerin und deren gezielter Verbreitung unter Migranten unmissverständlich klar zu machen, dass ab sofort keine illegale Einwanderung über die Bundesgrenze mehr zugelassen wird.
AfD: Alle können in ihre Heimatregionen zurück
Dr. Gottfried Curio (AfD) warf der Bundesregierung vor, die deutschen Grenzen widerrechtlich ungeschützt zu lassen und Griechenland in den Rücken zu fallen. Curio sagte unter Verweis auf die Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze: „Niemand steckt irgendwo fest. Alle können in ihre Heimatregionen zurück.“
Wenn 13.000 Menschen an dieser Grenze schlimm seien, dann stimme dies erst recht für die deutsche Grenze. Diese gewalttätigen Menschen wolle hier niemand haben, so Curio.
CDU/CSU: Die europäische Außengrenze steht
Armin Schuster (CDU/CSU) erwiderte: „Ja, die europäische Außengrenze steht unter Stress, aber sie steht. Das liegt daran, dass die Bundesregierung da eine klare Haltung hat.“ Die Bundesregierung tue alles dafür, damit Europa funktioniere, deshalb werde es keinen deutschen Alleingang bei der Aufnahme von Flüchtlingen geben.
Schuster betonte in diesem Zusammenhang die Rolle eines einheitlichen europäischen Asylsystems. Er wies aber generelle Grenzschließungen zurück. „Intensive Kontrollen Ja, aber die Grenzen zu schließen, zieht immense Kollateralschäden nach sich“, warnte er.
SPD: Wir müssen die Kinder aus dieser Misere befreien
Uli Grötsch (SPD) warf der AfD vor, in ihrem gerade einmal dreiseitigen Antrag 19 Mal den Begriff „illegal“ zu verwenden. „Aber: Menschen sind nicht illegal, niemals und nirgendwo auf der Welt“, betonte er. Er lobte den Beschluss des Koalitionsausschusses zur Aufnahme von minderjährigen Kindern. „Wir müssen die Kinder aus dieser Misere befreien, in die sie aus geopolitischen Erwägungen geraten sind.“
Außerdem stimme das Zerrbild der AfD von den europäischen Grenzen überhaupt nicht. „Frontex verzeichnet 92 Prozent weniger illegale Grenzübertritte seit 2015. Aber Fakten interessieren Sie ja nicht“, sagte Grötsch.
FDP: Es darf keinen deutschen Sonderweg geben
Linda Teuteberg (FDP) appellierte an die EU, den Erpressungsversuchen Erdoğan nicht nachzugeben. Sie kritisierte Union und SPD dafür, es seit 2015 nicht geschafft zu haben, das europäische Asylsystem zu reformieren und die europäische Grenzschutzagentur Frontex auszubauen.
Wenn sich 2015 nicht wiederholen solle, dann dürfe es keinen deutschen Sonderweg geben. 2020 müsse das Jahr werden, in dem endlich ernst gemacht werden müsse mit einer verantwortungsvollen Migrationspolitik, betonte Teuteberg.
Linke: EU-Türkei-Flüchtlingsdeal ein schwerer Fehler
Dr. André Hahn (Die Linke) kritisierte die griechische Regierung scharf dafür, die Vorgaben des Asylrechts einfach auszusetzen. Dies sei nicht akzeptabel, sagte er und forderte außerdem, die illegalen Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Grenze sofort zu stoppen.
Auf Lesbos terrorisiere inzwischen ein rechtsextremistischer Mob die Insel, während Tausende Flüchtlinge in menschenunwürdigen Zuständen lebten. „Wir dürfen vor diesem Leid nicht länger die Augen verschließen“, appellierte er. Den Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei kritisierte er als „schweren Fehler“.
Grüne:
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, das gemeinsame Europa als Raum der Freiheit, Sicherheit und Demokratie müsse bewahrt werden. „Aber nicht nur die griechischen Inseln, das gemeinsame Wertefundament der EU steht dieser Tage in Flammen.“
Das Gewaltmonopol des Staates sei auf den betroffenen Inseln derzeit außer Kraft gesetzt, auch weil die EU ihre Versprechen nicht eingehalten habe, zu geordneten Strukturen in der Flüchtlingspolitik zu kommen. „Kontingente von 2016 von den griechischen Inseln haben nicht mehr stattgefunden. Das ist Teil dieses Problems der heutigen Tage“, sagte die Grünen-Vorsitzende. (che/12.03.2020)