Agrarministerin Klöckner verteidigt Verschärfung der neuen Düngeregeln
Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hat die Verschärfung der neuen Düngeregeln gegen Kritik der Opposition verteidigt. Die Novellierung sei notwendig, betonte Klöckner in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 4. März 2020. Die Europäische Kommission erwarte eine Reduzierung der Nitratgehalte im Grundwasser. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur EG-Nitratrichtlinie 2018 sei umzusetzen. „Wir nehmen das sehr ernst und haben deshalb auch sehr intensiv an einer Novellierung der Düngeverordnung gearbeitet“, so die Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft.
Ministerin: Effizientere Landwirtschaft dank digitaler Technik
Ihr Eingangsstatement zu Beginn der einstündigen Befragung hatte die CDU-Politikerin genutzt, um über die Digitalisierung in der Landwirtschaft zu sprechen. Diese biete große Chancen, so Klöckner. Landwirte könnten mithilfe präziserer Maschinen und genauerer Daten effizienter und ressourcenschonender arbeiten. „Es lassen sich so auch Zielkonflikte in der Landwirtschaft lösen“, betonte die Ministerin. Der Einsatz von Pflanzenschutz- oder Düngungsmitteln etwa könne durch eine „passgenaue Applizierung“ reduziert werden.
Digitale Technik helfe damit bei Ackerbau und Bodenschutz und komme dem Tierwohl zugute, argumentierte Klöckner. Deshalb investiere die Bundesregierung über 170 Millionen Euro in die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Im Rahmen von „Leuchtturmprojekten“, insgesamt 14 verschiedenen digitalen Experimentierfeldern, würden bereits digitale Techniken getestet. Geplant sei, alle Erkenntnisse in einem digitalen Kompetenznetzwerk zu bündeln, um praktische Anwendungen in den ländlichen Räumen zu fördern, sagte Klöckner, bevor sie den Abgeordneten Rede und Antwort stand.
AfD: EuGH-Düngeurteil basiert auf falschen Daten
Der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka stellte infrage, ob die erneut verschärften Düngeregeln überhaupt notwendig seien. Das EuGH-Urteil habe die Düngeverordnungsnovelle aus dem Jahr 2017 gar nicht berücksichtigt, kritisierte der Abgeordnete. Das Urteil basiere also auf einer falschen Datengrundlage. „Sind Sie mit mir der Meinung, dass in dieser Novelle bereits alle in der EU-Nitratrichtlinie aufgelisteten Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft sowie die in den nationalen Aktionsplan aufzunehmenden Maßnahmen umgesetzt wurden?“, fragte Protschka.
Klöckner betonte, dass die Bundesregierung nach dem ergangenen Urteil, in dem Deutschland in allen Punkten unterlegen gewesen sei, das Gespräch mit der EU-Kommission gesucht habe. Dabei habe die Kommission unmissverständlich klargemacht, dass auch die 2017 in Kraft getretene novellierte Düngeverordnung nicht ausreichend sei. Diese Aussage nehme die Bundesregierung ernst.
FDP moniert Nichtberatung im Kabinett
Frank Sitta (FDP) verwies darauf, dass sich der Bundesrat Anfang April mit dem Entwurf der Düngeverordnung beschäftigen müsse, damit die von der EU gesetzte Frist zur Umsetzung eingehalten werde. Der Entwurf sei aber zuvor nicht im Kabinett beraten worden, monierte Sitta und wollte wissen, wie diese Entscheidung zustande gekommen sei. „Ist das nicht schon ein Misstrauensvotum gegen Ihre Politik?“
Die Ministerin betonte, dass die Entscheidung, die Verordnung nicht im Kabinett zu beraten, aus Zeitgründen gefallen und zudem ein „gemeiner Beschluss“ gewesen sei. Ziel sei es gewesen, den Ländern den Entwurf „möglichst frühzeitig vorzulegen“, erklärte die Klöckner.
SPD: Antibiotika in der Geflügelmast strenger regulieren
Nezahat Baradari (SPD) kritisierte den noch immer sehr hohen Einsatz von Antibiotika in der Geflügel- und Kälbermast. Trotz der von der Bundesregierung geforderten verbindlichen Reduktionsstrategie lasse ein „Papier“ des Zentralverbands der Geflügelwirtschaft kaum auf „Verbesserungen hoffen“, so die SPD-Abgeordnete. „Trotzdem sieht der Referentenentwurf zur Novelle des Arzneimittelgesetzes keine schärfere Regulierung für die Geflügelmast vor“, hielt Baradari der Ministerin vor.
Klöckner verteidigte die Strategie der Bundesregierung zur Verringerung des Einsatzes von Antibiotika: „In der Gesamtschau sind wir damit sehr erfolgreich.“ Sorge, so räumte sie ein, bereite aber auch ihr der hohe „Reserveeinsatz von Antibiotika“ bei Geflügel. „Das können wir so nicht akzeptieren. Wir werden zu strengeren Regeln kommen“, kündigte die Ministerin an. Hier sei die Bundesregierung „in Gesprächen mit der Branche“.
CDU/CSU fragt nach digitaler Agrar-Plattform
Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) bestätigte, dass die Digitalisierung für die Landwirtschaft „existenziell“ wichtig sei. Allerdings liege der Teufel im Detail: So sei etwa die Frage, wem die Daten gehörten, für die Landwirte eine ganz entscheidende. Viele sorgten sich, ob diese Daten sicher seien, wenn sie – wie von der Bundesregierung angestrebt – auf einer digitale Agrar-Masterplattform gesammelt würden, so der CDU-Abgeordnete.
Klöckner stimmte zu, dass Vertrauen darüber entscheide, ob technische Neuerungen akzeptiert würden. Die Bundesregierung beobachte, dass viele Landwirte eher dem „Landmaschinentechniker“ ihre Daten anvertrauen würden als dem Staat. „Da gibt es die Befürchtung, die Daten würden sofort nach Brüssel gehen“, sagte die Ministerin. Die Bundesregierung habe deshalb eine Machbarkeitsstudie zu einer staatlichen digitalen Plattform in Auftrag gegeben, die sich mit ihrer möglichen Struktur ebenso beschäftigen solle wie mit der Frage, welche Daten – auch vom Staat kostenlos – bereitgestellt werden sollten, so Klöckner.
Linke: Landwirte brauchen finanzielle Unterstützung
Dr. Kirsten Tackmann verwies auf die Risiken der Digitalisierung in der Landwirtschaft. Die ökonomische und soziale Situation vieler Landwirte sei angespannt, so die Abgeordnete der Fraktion Die Linke. „Die Digitalisierung bedeutet einen erheblichen Geldaufwand für die Betriebe. Wie gehen Sie mit dem Problem um?“
Klöckner räumte ein, dass dies tatsächlich eine „Herausforderung“ sei. Neue Technik koste „viel Geld“. Als zuständige Ministerin wolle sie es aber gerade auch den kleinen Betrieben ermöglichen, digitale Technik einzusetzen, sagte Klöckner und verwies auf mehrere Bundesprogramme, die finanzielle Unterstützung böten – so unter anderem das Programm zur Innovationsförderung, das das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung aufgelegt habe.
Grüne fragen nach Pestiziden in Lebensmittelimporten
Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) wollte wissen, ob die Ministerin sich dafür einsetze, dass in EU-Lebensmitteln eigentlich verbotene Pestizide in Importen erlaubt bleiben. Hier habe sie in der Vergangenheit unterschiedliche Positionen vertreten, sich aber zuletzt mit Verweis auf die EU-Kommission für „risikobasierte Einzelfallprüfungen“ ausgesprochen.
Klöckner wies die „Unterstellung“ zurück, ihr Haus setze sich „proaktiv“ dafür ein, giftige Stoffe in die EU zu importieren. Der Schutz vor pestizidbelasteten Lebensmitteln würde nicht „verwässert“, stellte die Ministerin klar. „Importtoleranzen für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln können nur festgelegt werden, wenn diese gesundheitlich unbedenklich sind.“ (sas/04.03.2020)