Der Bundestag hat am Freitag, 14. Februar 2020, die Verlängerung und Verschärfung der sogenannten Mietpreisbremse um weitere fünf Jahre beschlossen. Die Abgeordneten votierten mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von FDP und AfD bei Enthaltung der Fraktion Die Linke für einen vom Rechtsausschuss geänderten Gesetzentwurf der Regierung „zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn“ (19/15824).
Oppositionsanträge abgelehnt
Abgelehnt wurde ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Robuste Mietpreisbremse einführen“ (19/15122), der ausschließlich von der Linksfraktion unterstützt wurde. Ebenfalls abgelehnt wurde mit der Mehrheit des Plenums bei Enthaltung der Grünen ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Bezahlbares Wohnen garantieren – Mieten deckeln, sozialen Wohnungsbau retten“ (19/13502).
Den Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Regierungsentwurf und zum Antrag der Grünen einerseits (19/17156) und zum Antrag der Linken andererseits (19/17138) vor.
„Ausgewogener Interessenausgleich“
Mit ihrem Gesetz wird die Mietpreisbremse geschärft, schreibt die Bundesregierung. So wird es zum einen den Ländern ermöglicht, ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt erneut durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Die Geltungsdauer einer solchen Rechtsverordnung beträgt wie bisher höchstens fünf Jahre.
Zum anderen wird der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete wegen Überschreitens der zulässigen Miete bei Mietbeginn erweitert. Auf diese Weise soll das Potenzial der Mietpreisbremse besser ausgeschöpft werden, und es soll zu einem ausgewogenen Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern kommen.
Regierung: Mietenanstieg hat sich moderat verlangsamt
Wie die Bundesregierung in ihrem Entwurf schreibt, haben die durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21. April 2015 eingeführten Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn „dort, wo sie durch Erlass einer Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung zur Anwendung kommen“, den Mietenanstieg moderat verlangsamt.
Die für die Einführung der Regelungen der Mietpreisbremse maßgebliche Ausgangslage bestehe im Wesentlichen fort. Ein baldiges Auslaufen der Mietpreisbremse erscheine deshalb nicht sinnvoll.
SPD: Mietpreisbremse wirkt
In der Debatte begrüßten Abgeordnete der Koalitionsfraktionen den Gesetzentwurf. Dr. Eva Högl (SPD) sagte, er sei ein weiterer wichtiger Schritt im Mietrecht und stärke die Mieter. Hintergrund sei der problematische Anstieg der Mieten bei Neuvermietung in den Ballungsgebieten. Knapp fünf Jahre nach dem Beschluss der Mietpreisbremse – die den Anstieg der Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten auf höchstens zehn Prozent begrenzt und es Mietern erlaubt, zu viel gezahlte Miete zurückverlangen – könne festgestellt werden, dass sie wirkt, sagte Högl.
Der Anstieg der Mieten bei Neuvermietung habe sich verlangsamt. Dies müsse sich fortsetzen. Angesichts der anhaltenden Probleme auf dem Wohnungsmarkt soll die Mietpreisbremse deshalb bis Ende 2025 verlängert werden. Der Zeitraum des Rückzahlunganspruchs des Mieters gegen den Vermieter wegen zu viel entrichteter Miete soll auf 30 Monate ab Beginn des Mietverhältnisses verlängert werden. Damit werde die Mietpreisbremse an einem ganz wesentlichen Punkt verschärft. Högl kündigte weitere Schritte im Mietrecht an. Dazu zählten Einschränkungen bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen und der Kündigung bei Eigenbedarf. Gleichzeitig müsse der Wohnungsbau verstärkt werden.
CDU/CSU: Engpässe durch Bauen beseitigen
Thorsten Frei (CDU/CSU) sagte, das Thema Wohnen sei in der Lebenswirklichkeit der Menschen von zentraler Bedeutung. Insbesondere in den Ballungsgebieten sei es schwierig, angemessenen Wohnraum zu angemessenen Preisen zu finden. Das sei ein Problem für den sozialen Zusammenhang in der Gesellschaft. Dieser politischen Herausforderung müsse mit einem ganzen Bündel von Maßnehmen begegnet werden. Dazu müsse auch das Wohneigentum verstärkt werden.
Auf dem Mietwohnungsmarkt sei bereits viel passiert. Auch mit der Verlängerung der Befristung der Mietpreisbremse werde eine Verbesserung für die Mieter erreicht. Für die Unionsfraktion sei eine Regulierung des freien Marktes allerdings nur Mittel zum Zweck. Engpässe auf dem Wohnungsmarkt könnten letztendlich nur durch Bauen beseitigt werden. Die Mietpreisbremse helfe dabei, Zeit zu gewinnen, die auch genutzt werden müsse.
Grüne: Mietpreisbremse ausweiten
Für Bündnis 90/Die Grünen begrüßte Christian Kühn den Entwurf. Angesichts der Mietexplosion in Kommunen, die nicht in Ballungsgebieten liegen, müsse die Mietpreisbremse nicht nur verlängert, sondern auch ausgeweitet werden, sagte Kühn. Sie zeige, dass Regulierung funktioniert. Davon werde im Mietrecht mehr gebraucht, da sonst die Mieten weiter davongaloppieren würden. Hier helfe kurzfristig auch der Bau von Wohnungen nicht.
Die Ausnahmen müssten aus der Mietpreisbremse entfernt werden. Den Ländern müsse es ermöglicht werden, die Mietpreisbremse leichter umzusetzen. Dies werde aber von der Unionsfraktion im Interesse der Immobilienbranche blockiert. Gebraucht werde zudem eine wirkliche Mietobergrenze, damit die Mieten im Bestand nicht weiter steigen. Der Kündigungsschutz müsse ausgeweitet werden.
Linke: Mietendeckel statt „halbherzige Reförmchen“
Caren Lay (Die Linke) sagte, eine Verlängerung der Mietpreisbremse sei längst überfällig. Diese müsse aber mit einer grundlegenden Nachbesserung verbunden werden. In ihrer jetzigen Form wirke sie offenbar nicht. In Berlin hätten sich in den letzten zehn Jahren die Neuvermietungspreise mehr als verdoppelt, daran hätten auch fünf Jahre Mietpreisbremse nichts geändert. Die Einschätzung, dass sich der Anstieg der Mieten verlangsamt habe, werde von ihrer Partei nicht geteilt. Es gebe keinen Grund zur Entwarnung.
Die Linke fordere eine Mietpreisbremse, die keine Erhöhung zum Gesetz mache, die flächendeckend gelte und die keine Ausnahmen beinhalte. Verstöße gegen die Mietpreisbremse müssten auch wirklich bestraft werden. Die Rückzahlungspflicht gelte nur für neue Mietverträge, was Augenwischerei sei. Mit halbherzigen Reförmchen sei der Mietenwahnsinn nicht in den Griff zu bekommen, sagte Lay. Die Unionsfraktion habe sinnvolle Vorschläge zum Nachteil der Mieter beschnitten und sich als deren Gegnerin erwiesen. In Berlin habe Rot-Rot-Grün endlich das erste wirkungsvolle Gesetz eines Mietendeckels vorgelegt. Diesem Beispiel sollten weitere Bundesländer folgen.
FDP will Wende von der Mieter- in die Eigentümernation
Katharina Willkomm (FDP) bezeichnete den Gesetzentwurf und andere Vorhaben wie einen Mietendeckel als fatal, denn die Probleme würden dadurch nicht gelöst. Neue Wohnungen entstünden nicht schnell genug. Die Mietpreisbremse werde die Ursachen der steigenden Mieten nicht beseitigen. Sie schaffe keine einzige Wohnung, sondern würge einen ganzen Wirtschaftszweig ab. Dies wolle die FDP verhindern.
Gebraucht werde eine Wende von der Mieter- in die Eigentümernation. Dazu habe die FDP Anträge eingebracht. Die im Entwurf vorgesehene Rückforderung überhöhter Mietzahlungen schade privaten Vermietern, sagte Willkomm. Geld, das ein Vermieter für Rücklagen sparen müsse, könne er weder für Reparaturen ausgeben noch in die Modernisierung der Wohnung stecken.
AfD: Mietpreisbremse ist sozialistische Planwirtschaft
Für die AfD ist die Mietpreisbremse sozialistische Planwirtschaft. Ihr Abgeordneter Udo Hemmelgarn sagte, anstatt das Angebot an Wohnraum ausreichend zu erhöhen und die Infrastruktur an den Rändern der Großstädte zu verbessern, anstatt die Grenzen zu schützen und diejenigen nach Hause zu schicken, die kein Bleiberecht haben, laute die Antwort der Großen Koalition mehr Regulierung.
Wesentliche Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft würden über Bord geworfen. Die Bundesregierung sei offensichtlich entschlossen, den Forderungen von links-rot-grüner Seite so weit wie möglich nachzukommen. Die Regierung habe aufgehört, den Menschen zu dienen, und habe alle bürgerlichen Kernpositionen aufgegeben.
Abgelehnter Antrag der Grünen
Durch eine robuste Mietpreisbremse sollen Mieter vor Überlastung durch steigende Mieten geschützt werden, hieß es im abgelehnten Antrag der Grünen (19/15122). Ihren Vorstellungen nach sollte bei der zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit Wohnraummangel die zulässige Miethöhe von derzeit zehn Prozent auf fünf Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete abgesenkt werden.
Außerdem sollten die Ausnahmen für Wohnungen, deren Mieten bereits höher als fünf Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen (Vormiete) und für „umfassende modernisierte“ Wohnungen abgeschafft werden. Die Mietpreisbremse soltel als dauerhaftes Instrument in das Mietrecht integriert und die mögliche Geltung vor Ort auf mindestens zehn Jahre ausgeweitet werden. Ferner sollte das Wirtschaftsstrafgesetzes praxistauglich ausgestaltet werden, indem auf das Tatbestandsmerkmal des „Ausnutzens“ einer Mangellage verzichtet und geregelt wird, „dass Mietentgelte schon dann unangemessen hoch sind, wenn sie die ortsübliche Miete um mehr als 15 Prozent übersteigen, sofern in der Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde vergleichbarer Wohnraum knapp ist“, schreiben die Grünen.
Abgelehnter Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke plädierte in ihrem abgelehnten Antrag (19/13502) für eine erhebliche Verschärfung der Mietregeln. Die bisher von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen würden dem Ausmaß der Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht gerecht, begründen die Abgeordneten ihren Vorstoß in einem Antrag.
Konkret fordern sie, die zulässige Höchstmiete bei Neu- und Wiedervermietungen bundesweit auf die ortsübliche Vergleichsmiete beziehungsweise die niedrigere Vormiete abzusenken. Die Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete sollten nach der Maßgabe abgesenkt werden, dass Mieterhöhungen nur im Rahmen des Inflationsausgleichs, höchstens jedoch um zwei Prozent im Jahr, erfolgen dürfen. Eine Neuregelung der Mietspiegel müsse beinhalten, dass alle Entgelte für Mietwohnungen in einer Kommune in deren Berechnung einbezogen und qualifizierte Mietspiegel als rechtsverbindliches Instrument zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgestaltet werden, heißt es weiter. Darüber hinaus sollten Bundesländer ermutigt werden, in besonders angespannten Wohnungsmärkten Mietendeckel einzuführen. (mwo/14.02.2020)