Wie Betriebsräte vor Mitbestimmungsgegnern geschützt werden können
Die Fraktion Die Linke will Betriebsräte vor mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern schützen. Über einen entsprechenden Antrag (19/17104) hat der Bundestag am Donnerstag, 13. Februar 2020, erstmals debattiert. Der Antrag wurde im Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Antrag der Linken
In dem Antrag kritisieren die Abgeordneten, dass Arbeitgeber zunehmend versuchen würden, Betriebsratswahlen zu verhindern und deren Initiatoren einzuschüchtern. Anwaltskanzleien spezialisierten sich hierzu auf das systematische Bekämpfen von Gewerkschaften und würden Arbeitgeber beraten, wie sie unerwünschte Beschäftigte psychisch unter Druck setzen und aus dem Betrieb drängen könnten. Dabei werde auch gegen geltendes Recht verstoßen. „Betroffene brauchen neben praktischer Solidarität und Unterstützung vor allem gesetzlichen Schutz“, schreibt die Fraktion.
Sie verlangt von der Bundesregierung deshalb, auf die Bundesländer einzuwirken, um Schwerpunktanwaltschaften zur Verfolgung der Vergehen nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes einzurichten. Außerdem sollten im Betriebsverfassungsgesetz Ordnungswidrigkeiten bei Nichterfüllung der Unterrichtungs-, Herausgabe- sowie Einsichtspflichten ausgeweitet und Geldbußen erhöht werden, fordert die Fraktion.
Linke: Demokratie in den Betrieben schützen
Jutta Krellmann (Die Linke) betonte in der Debatte, es gebe nichts Demokratischeres im Betrieb als Betriebsräte, denn diese würden alle vier Jahre gewählt. In Betrieben mit Betriebsräten seien die Gehälter höher, die Urlaubszeiten länger und die Arbeitszeiten kürzer, deswegen würden einige Arbeitgeber mit Kampfansagen versuchen, Betriebsräte gezielt zu verhindern, so Krellmann.
Dieses Verhalten sei zutiefst undemokratisch und werde viel zu selten sanktioniert. „Es liegt an uns, die Demokratie in den Betrieben zu schützen“, appellierte die Linken-Abgeordnete.
CDU/CSU schlägt Online-Wahlen für Betriebsräte vor
Uwe Schummer (CDU/CSU) betonte, Betriebsräte seien immer essenziell für die soziale Gestaltung in den Betrieben gewesen. „Das Betriebsverfassungsgesetz ist ein zentrales Instrument, das wir weiterentwickeln wollen“, kündigte er im Hinblick auf digitalisierte Arbeitswelten an.
So könnten zum Beispiel Online-Wahlen für Betriebsräte eingeführt werden, um auch in diesem Bereich die Bildung von Betriebsräten zu erleichtern. „Denn wir haben kein Qualitätsproblem, sondern ein Quantitätsproblem“, sagte Schummer.
AfD: Kein massenhaftes Gewerkschafts-Bashing
Auch Jürgen Pohl (AfD) forderte, das Betriebsverfassungsgesetz an die Herausforderungen der Digitalisierung in der Arbeitswelt anzupassen. „Das darf aber nicht dazu führen, dass wir das Gesetz verkomplizieren oder zu einem Straftatenkatalog ausbauen, wie es Die Linke will“, sagte er.
Es stimme auch nicht, dass es in Betrieben massenhaft zu einem Gewerkschafts-Bashing komme, wie es Die Linke beschreibe. Vielmehr handele es sich dabei um Einzelfälle, sagte Pohl.
SPD: Kündigungsschutz für Betriebsratsbewerber ausweiten
Bernd Rützel (SPD) kritisierte den Antrag der Linken ebenfalls als zu zugespitzt, denn es stimme keineswegs, dass gefährlich lebe, wer sich in einem Betrieb für Demokratie einsetze, wie es Die Linke schreibe. Dennoch gebe es Firmen, die bekämpften gezielt die Bildung von Betriebsräten.
Rützel schlug vor, den Kündigungsschutz bereits für jene Beschäftigte auszuweiten, die sich zur Wahl stellen. Außerdem sollten öffentliche Aufträge nur noch an tarifgebundene Firmen vergeben werden.
FDP: Tariffreiheit vor zu starken Eingriffen schützen
Carl-Julius Cronenberg (FDP) hob hervor, dass Beschäftigte und auch Betriebsräte bereits einen hohen gesetzlichen Schutz genießen. Der pauschale Vorwurf, Arbeitgeber wollten gewerkschaftsfreie Zonen, stimme doch nicht, so der Liberale.
Natürlich müssten Betriebsräte geschützt werden, genauso müsse aber auch die Tariffreiheit vor zu starken regulierenden staatlichen Eingriffen geschützt werden, sagte Cronenberg.
Grüne: Zu viele weiße Flecken bei der Mitbestimmung
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) würdigte die betriebliche Mitbestimmung als „gelebte Partizipation und Demokratie“. Aber es gebe zu viele weiße Flecken bei der Mitbestimmung, zu viele Beschäftigte in Deutschland, die nicht von Betriebsräten repräsentiert werden.
„Es besteht Handlungsbedarf, denn dieser Trend muss gestoppt werden. Wenn Arbeitgeber Betriebsräte verhindern wollen, müssen wir Beschäftigte besser schützen“, forderte sie.
„Privilegierung für Arbeitgeber aufheben“
Die Linke fordert die Bundesregierung auf, auf die Bundesländer hinzuwirken, Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Verfolgung der Vergehen nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes einzurichten und diese mit ausreichend qualifiziertem Personal auszustatten. Auch solle im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die bisherige Privilegierung für Arbeitgeber aufgehoben werden. Dazu sollen im Paragrafen 121 die Ordnungswidrigkeiten dahingehend ausgeweitet werden, dass sie auch bei der nicht erfolgten, wahrheitswidrigen, verspäteten oder unvollständigen Erfüllung der Unterrichtungs-, Herausgabe- sowie Einsichtspflichten gelten. Die Höhe der möglichen Geldbußen will die Fraktion auf bis zu 250.000 Euro anheben. Das Höchstmaß des Ordnungs- und Zwangsgeldes solle auf 25.000 Euro erhöht werden.
Zur Begründung heißt es in dem Antrag, zunehmend versuchten Arbeitgeber, Betriebsratswahlen zu verhindern und deren Initiatoren einzuschüchtern. Ihr Ziel seien betriebsrats- und gewerkschaftsfreie Zonen. Anwaltskanzleien spezialisierten sich hierzu auf das systematische Bekämpfen von Gewerkschaften (Union Busting) und berieten Arbeitgeber, wie sie unerwünschte Beschäftigte psychisch unter Druck setzen und aus dem Betrieb drängen können. Dabei werde auch gegen geltendes Recht verstoßen. Betroffene Beschäftigte brauchten neben praktischer Solidarität und Unterstützung vor allem gesetzlichen Schutz. (che/13.02.2020)