Grüne werfen der Regierung Untätigkeit beim Klimaschutz vor
2019 soll das Jahr des Klimaschutz werden: Darin sind sich die meisten Fraktionen des Deutschen Bundestages einig. Wie der aktuelle Stand auf diesem Weg dahin ist, wird jedoch höchst unterschiedlich bewertet. Das wurde deutlich in einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am Mittwoch, 5. Juni 2019.
Ministerin: Klimaschutzgesetz kommt
So sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), es sei klar, dass Klimaschutz die große „Menschheitsaufgabe“ sei; dabei gebe es weder Erkenntnisprobleme noch einen Mangel an entsprechenden Verträgen. Zudem habe man in dieser Frage den „Rückhalt der Bevölkerung“ und den großer Teile der Wirtschaft. Dennoch sei schon viel erreicht worden; etwa beim Kohleausstieg, der lange als unlösbar angesehen worden sei. Deutschland werde spätestens 2038, wahrscheinlich aber früher, aus der Kohleverstromung aussteigen und bis 2022 30 Prozent des Kohlestroms vom Netz nehmen. Sie habe, so Schulze, ein Klimaschutzgesetz auf den Tisch gelegt, wesentliche Entscheidungen würden im September fallen.
Man brauche eine CO2-Bepreisung, weil man „das teuer machen“ wolle, „was wir vermeiden wollen“. Dieser Preis müsse aber fair sein, weil etwa Mieter und Pendler häufig nicht viel tun könnten, um CO2 zu sparen. Es müsse Anreize geben, auf kleinere Autos und den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. Weil inzwischen klar sei, dass sich „unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu konsumieren“ verändern müsse, gebe es zum einen Ungeduld, zum anderen aber auch Ängste und Sorgen. Die nötige Transformation müsse sozial gerecht gestaltet werden.
Grüne: Regierung handelt nicht
Für Bündnis 90/Die Grünen warf Oliver Krischer, in Sachen Klimaschutz untätig zu bleiben. Seit vier Monaten liege das Ergebnis der Kohlekommission auf dem Tisch, dennoch habe die Regierung immer noch keine Position zum Kohleausstieg. Dies sei „unverantwortlich“.
Es brauche Klarheit bei diesem Thema und eine CO2-Bepreisung und klare Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
CDU/CSU will Anreize statt Verbote
Für die Unionsfraktion betonte Dr. Anja Weisgerber, die Koalition werde ein Klimagesetzpaket vorlegen, das „es so noch nicht“ gegeben habe; hierfür würden Gesetze in allen Gebieten geändert. Man setze auf „Technologie, Fortschritte und Innovationen“; die Lösung seien „nicht Verbote, sondern Anreize“. Die soziale Marktwirtschaft müsse in eine ökologisch-soziale umgewandelt werden. Ein Instrument sei die CO2-Bepreisung, die für die Verbraucher „kostenneutral“ gestaltet werden müsse.
Das System des Emissionshandels funktioniere, die Emissionen würden kontinuierlich sinken. Nationale Alleingänge seien jedoch nicht sinnvoll, daher müsse man auf europäischer Ebene handeln. Die Leitplanken dafür seien gesetzt: So dürfe es keine einseitige Belastungen für die Bürger geben, Arbeitsplätze dürften nicht verloren gehen und die individuelle Mobilität im ländlichen Raum müsse gewährleistet sein.
SPD will Veränderungen sozial verträglich gestalten
Der SPD-Abgeordnete Carsten Träger betonte, der Klimaschutz sei „eine zutiefst soziale Frage“.
Nicht von heute auf morgen, aber langfristig werde sich die Art zu heizen, der Konsum und die Mobilität der Bürger verändern. Wie und zu welchem Preis dies gelinge, sei entscheidend für den sozialen Zusammenhalt.
FDP: Markt statt Planwirtschaft
Die Liberalen setzen dabei auf marktwirtschaftliche Lösungen und werfen der Regierung vor, planwirtschaftliche Elemente, etwa bei der Festsetzung eines CO2-Preises mit einer „Glaskugel in Amtsstuben“ oder einem „staatlich verordneten Braunkohleausstieg“ zu nutzen.
Beim CO2-Preis müssten Angebot und Nachfrage entscheiden, sagt Frank Brissa (FDP). Da, wo andere Länder zu einem geringeren Preis mehr erreichen würden, müsse Deutschland sie unterstützen und solle nicht auf nationale Alleingänge setzen.
Linke: Regierung muss sich mit Konzernen anlegen
Für Die Linke warf Lorenz Gösta Beutin der Regierung „Versagen“ beim Klimaschutz vor. Äußerungen der Regierungssprecherin, dass schon Verhaltensänderungen der Bürger Erfolge beim Einhalten der Klimaziele bringen könnten, seien „eine Frechheit“ – damit lenke die Regierung vom eigenen Versagen ab und nehme die Bevölkerung in die Pflicht.
Sie müsse sich aber vielmehr mit den Konzernen, die für die größten CO2-Emissionen verantwortlich seien, mit den Automobilherstellern und den Konzernen der Landwirtschaft „anlegen“.
AfD fürchtet um Wohlstand
Dr. Ing. Dirk Spaniel (AfD) sprach erneut von „Klimahysterie“. Deutschland mit seinem im Vergleich extrem niedrigen CO2-Ausstoß könne gegen China, die USA und Russland ohnehin nichts bewirken, die Rede vom CO2-neutralen Elektroauto sei eine Lüge. Auch der Nahverkehr sei nicht umweltfreundlich.
Deutschland müsse eine „moderne Industrienation“ bleiben. Der „Kreuzzug“ der Klimaschutzbewegung werde Arbeitsplätze und Wohlstand vernichten. (suk/05.06.2019)