Bund will 5,5 Milliarden Euro in Kita-Qualität investieren
Der Bund will bis 2022 rund 5,5 Milliarden Euro in den qualitativen Ausbau der Kita-Betreuung investieren. Dies sieht der Entwurf der Bundesregierung für ein „Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung“ (19/4947) vor, über das der Bundestag am Donnerstag, 18. Oktober 2018, in erster Lesung beraten hat. Mit diesem sogenannten „Gute-Kita-Gesetz“ sollen zudem bundesweit soziale Staffelungen der Kita-Gebühren ermöglicht werden beziehungsweise einkommensschwache Familien von den Gebühren befreit werden können.
Ebenfalls beraten wurde ein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegter Antrag mit dem Titel „Qualität in der Kindertagesbetreuung verbindlich und dauerhaft sicherstellen“ (19/5078). Alle Initiativen sind im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen worden.
Ministerin: Qualität der Betreuung höchst unterschiedlich
Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) bezeichnete die Gesetzesvorlage als „Meilenstein“ und als eines der größten Vorhaben der Koalition. Bei den Oppositionsfraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wurde der Gesetzesentwurf als untauglich und nicht ausreichend zurückgewiesen. Die AfD-Fraktion warf der Regierung vor, sie schaffe für Eltern damit keine echte Wahlfreiheit für Eltern in der Kinderbetreuung. Die Koalitionsfraktionen hingegen verteidigten die Gesetzesvorlage. Kritisch wurde jedoch auch von der Unionsfraktion das Ansinnen nach einer prinzipiellen Gebührenfreiheit für Kitas beurteilt.
Ministerin Giffey führte aus, dass das Gesetz individuelle Verträge zwischen Bund und Bundesländern ermögliche über die Ziele und die Maßnahmen zur Steigerung der Kita-Qualität. Dies betreffe beispielsweise die Gewinnung, Qualifizierung und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern, die Verbesserung der Kind-Betreuer-Relation, die Inklusion von Kindern mit Behinderung oder die kindgerechte Gestaltung von Kindertageseinrichtungen. Die Qualität der Kita-Betreuung sei in den Ländern höchst unterschiedlich, sagte Giffey. Deshalb sei es am besten, wenn die Länder darüber entscheiden, wo die Gelder eingesetzt werden sollen. Die Ministerin warb eindringlich für eine soziale Staffelung der Kita-Gebühren. Gute Kitas dürften kein Privileg sein.
FDP: Wahlkampfversprechen zu teuer
Matthias Seestern-Pauly (FDP) bezeichnete die Gesetzesvorlage als „untauglich“. Es diene lediglich dazu, das teure SPD-Wahlkampfversprechen der Beitragsfreiheit für Kitas zu finanzieren. Dies gehe aber zulasten der Qualität der Kita-Betreuung.
Das „Gute-Kita-Gesetz“ sei lediglich „ein Fördergesetz für klamme Länder“, monierte der FDP-Abgeordnete. Es sei völlig unklar, wie die Finanzierung nach der Anschubfinanzierung durch den Bund in den ersten vier Jahren geregelt werden soll.
Linke: SPD bleibt hinter den Plänen zurück
Norbert Müller (Die Linke) bezeichnete die Finanzierung des quantitativen und des qualitativen Kita-Ausbaus durch den Bund als unzureichend. Der Bund müsse endlich für alle Länder verbindliche Qualitätsmerkmale für Kitas festschreiben und auch deren Finanzierung übernehmen. Das vorgelegte Gesetz beseitige hingegen nicht die Unterschiede in den Ländern, sondern fördere diese auch noch.
Der SPD warf Müller vor, weit hinter ihren ursprünglichen Plänen zurückgeblieben zu sein. Ursprünglich habe sie fünf Milliarden Euro jährlich, verbindliche Qualitätsstandards und Beitragsfreiheit in Aussicht gestellt.
Grüne fordern Fachkräfte-Kind-Relation von 1:2
Auch Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die fehlenden verbindlichen Qualitätsstandards. Obwohl der Bund nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) eine Regelungskompetenz für die Kita-Qualität habe, fehle in der Gesetzesvorlage eine klare Vorgabe für den Fachkräfte-Kind-Schlüssel.
Ihre Fraktion fordere deshalb in einem Antrag (19/5078) die verbindliche Einführung einer Fachkräfte-Kind-Relation von 1:2 für unter Einjährige, 1:3 bis 1:4 für unter Dreijährige und 1:9 für über Dreijährige im SGB VIII, die nach einer Übergangsfrist in Kraft treten soll.
AfD: Finanzierung des Gesetzes ist unzureichend
Der AfD-Parlamentarier Martin Reichardt kritisierte, Eltern hätten Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung, obwohl dies im Grundgesetz eindeutig so vorgesehen sei. Von den linken Parteien im Bundestag – SPD, Grüne und Linke – aber auch von Teilen der CDU würden Frauen als nicht emanzipiert diffamiert, wenn sie sich dafür entscheiden, ihre Kinder selbst zu betreuen.
Noch immer werde die von Eltern geleistete Erziehungsarbeit nicht honoriert. Die Finanzierung des „Gute-Kitas-Gesetzes“ sei völlig unzureichend, monierte Reichardt. In den kommenden Jahren fehlten bundesweit rund 300.000 Kita-Erzieher.
CDU/CSU: Fortführung der kinderfreundlichen Politik
Nadine Schön (CDU/CSU) begrüßte die Gesetzesvorlage hingegen ausdrücklich. Nach der Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages und Einführung des Baukindergeldes führe die Koalition ihre familien- und kinderfreundliche Politik mit dem „Gute-Kita-Gesetz“ vor. Schön forderte, dass das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden müsse. Der Bund dürfe den Ländern nicht vorschreiben, ob sie die Kita-Gebühren abschaffen wollen oder nicht.
Es sei auch nicht verständlich, dass die Eltern mit hohen Einkommen von den Gebühren befreit werden sollen. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Gelder müssten einen Mehrwert in der Kita-Qualität bringen. Deshalb sei es richtig, dass das Gesetz ein Monitoring über die mit den Ländern vereinbarten Maßnahmen vorsehe.
SPD wirbt für die Gebührenfreiheit
Für die Sozialdemokraten warb Sönke Rix (SPD) hingegen für eine Gebührenfreiheit. Wer sich dagegen ausspreche, könne mit dem gleichen Argument auch wieder das Schul- oder Hochschulgeld für Besserverdienende einführen.
Rix wies zudem die Kritik der AfD zurück. Es gebe keine Bevormundung von Eltern durch die Politik. Der Staat aber habe gute Rahmenbedingungen zu setzen, dazu gehöre auch der qualitative Ausbau der Kindertagesbetreuung.
Befreiung von Kita-Gebühren
Der Bund will mit dem „Gute-Kita-Gesetz“ zukünftig die Länder bei der Verbesserung der Kita-Qualität unterstützen. Bereitgestellt werden sollen dafür 5,5 Milliarden Euro. Teil des Gesetzes ist nach Regierungsangaben, dass eine bundesweit verpflichtende soziale Staffelung der Elternbeiträge eingeführt und einkommensschwache Familien von den Kita-Gebühren befreit werden.
Die Verteilung der Mittel an die Länder soll über Umsatzsteuerpunkte erfolgen. Damit das Geld tatsächlich dort ankommt, wo es gebraucht wird, ist geplant, mit den 16 Bundesländern individuelle Verträge abzuschließen, aus denen hervorgeht, mit welchen Handlungskonzepten sie für das Ziel von mehr Qualität und weniger Gebühren eintreten wollen.
Grüne wollen ein Qualitätsentwicklungsgesetz
Die Grünen fordern von der Bundesregierung ein Qualitätsentwicklungsgesetz für die Kindertagesbetreuung. Darin solle im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) die Fachkraft-Kind-Relation in den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege festlegen. Diese solle sich an der Maximalgröße von 1:2 für unter Einjährige, 1:3 bis 1:4 für unter Dreijährige und 1:9 für über Dreijährige orientieren und mit einer Übergangsfrist in Kraft treten.
Um die Qualität in der Kindertagespflege zu verbessern, sollen Tagespflegepersonen mindestens einen qualifizierenden Lehrgang absolviert haben. Um die pädagogische Qualität sicherzustellen, wollen die Grünen die jeweils nach fünf Jahren zu erneuernde Erlaubnis zur Kindertagespflege durch die Einführung eines Gütesiegels ergänzen. (aw/hau/vom/18.10.2018)