Die Fraktion Die Linke ist mit ihrer Forderung nach einer Abkehr Deutschlands vom sogenannten Zwei-Prozent-Ziel der Nato gescheitert. Der Bundestag lehnte den entsprechenden Antrag (19/445) am Donnerstag, 8. November 2018, in namentlicher Abstimmung mit 520 Stimmen gegen 128 Stimmen bei zwei Enthaltungen gemäß der Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses (19/1033) ab.
Das Zwei-Prozent-Ziel sieht vor, dass die Nato-Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben bis zum Jahr 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erhöhen. Darauf hatten sie sich auf den Nato-Gipfeln 2014 in Wales und 2016 in Warschau geeinigt. Vertreter der Koalitionsfraktionen, aber auch der AfD und der FDP wiesen den Antrag der Linken als ideologiegetrieben ab. Hinter der Forderung verberge sich letztlich nur das Ansinnen nach einem Austritt Deutschlands aus dem nordatlantischen Bündnis und seiner Auflösung.
CDU/CSU: Linke propagiert deutschen Sonderweg
Henning Otte (CDU/CSU) warf der Linksfraktion vor, ihr Antrag seine Aufkündigung der Solidarität im Bündnis und propagiere einen verhängnisvollen deutschen Sonderweg. Grundlage deutscher Außenpolitik sei es aber, gemeinsam mit den Partnern zu agieren.
Frieden, so argumentierte Otte, sei das Ergebnis von Stärke. Nur wer schwach sei, werde angegriffen. Russland betreibe eine massive militärische Aufrüstung und unterlaufe den INF-Vertrag über atomare Mittelstreckensysteme in Europa. In diesem Sinne
SPD: Bundeswehr so klein wie nie
Dr. Fritz Felgentreu (SPD) verwies darauf, dass die deutschen Streitkräfte mit knapp 200.000 Soldaten so klein wie noch nie in der Geschichte seien. Dies sei aber nur wegen der Nato-Mitgliedschaft Deutschlands möglich. Es sei „sträflicher Leichtsinn“ auf die Nato verzichten zu wollen.
Felgentreu bekannte sich zu dem von der Koalition ausgegebenen Ziel, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf 1,5 Prozent der BIP zu erhöhen. Entscheidend sei aber, dass die Bundeswehr personell und materiell zu 100 Prozent ausgerüstet sei.
FDP erinnert an die Annexion der Krim
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) verteidigte das Zwei-Prozent-Ziel der Nato als eine Reaktion auf die Annexion der Krim durch Russland und dessen aggressiven Politik.
Auch sie warf der Linken vor, einem Nato-Austritt das Wort zu reden. Die Bundeswehr könne und werde es aber nicht außerhalb der Nato und auch nicht ohne Nato geben.
AfD kritisiert Amtsführung der Verteidigungsministerin
Rüdiger Lucassen (AfD) wiederum kritisierte die Bundesregierung, ihre Verpflichtung innerhalb der Nato nicht zu erfüllen. Sie erfülle weder das Zwei-Prozent-Ziel der Nato noch das von der Koalition ausgegebene 1,5-Prozent-Ziel. Insofern erfülle die Regierung faktisch das, was die Linksfraktion fordert. L
Lucassen übte zudem scharfe Kritik an Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU). Seit ihrem Amtsantritt habe sich die schlechte Personal- und Materialsituation in der Bundeswehr nicht gebessert. Von der Leyen schiebe die Schuld für diesen Zustand aber immer nur auf ihre Amtsvorgänger.
Linke: Zwei-Prozent-Ziel ist Rüstungswahnsinn
Heike Hänsel (Die Linke) bezeichnete das Zwei-Prozent-Ziel der Nato als unverantwortlichen „Rüstungswahnsinn“, den es zu stoppen gelte. Deutschland müsste 70 bis 80 Milliarden für Verteidigung ausgeben, um das Zwei-Prozent-Ziel zu realisieren und würde dadurch zur größten Militärmacht in Europa.
Zwei Weltkriege hätten gezeigt, wohin eine solche Politik führt, sagte Hänsel. Ihre Fraktion wolle nicht zurück zur Abschreckungspolitik des Kalten Kriegs.
Grüne warnen vor neuen Rüstungswettlauf
Auch Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) warnte vor einem neuen Rüstungswettlauf. Für eine Aufrüstung der Nato gebe es keinen Grund. Schon heute würden die Nato-Staaten zusammen 14 mal mehr für Verteidigung ausgeben als Russland, die europäischen Staaten ohne die USA und Kanada dreimal so viel.
Die deutsche Regierung habe sich das Zwei-Prozent-Ziel nur deshalb zu Eigen gemacht, um US-Präsident Donald Trump zu beschwichtigen und einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden.
Antrag der Linken
In ihrem Antrag fordert die Linksfraktion, die Bundesregierung solle die Zustimmung „zu dem Beschluss der Nato, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des BIP zu erhöhen, öffentlich, und im Nato-Rat gegenüber den Nato-Partnern, zurückzuziehen“. Der Bundestag solle zudem deutlich machen, dass er diese auf den Nato-Gipfeln in Wales und Warschau beschlossenen Pläne ablehne.
Nach Schätzungen würde sich für die Bundesrepublik je nach Entwicklung der Wirtschaftsleistung die politische Selbstverpflichtung ergeben, pro Jahr bis zu zwischen 70 und 80 Milliarden Euro für militärische Zwecke auszugeben, schreiben die Abgeordneten. Dies würde nahezu zu einer Verdoppelung der Militärausgaben der Bundesrepublik bis 2024 führen. Die deutschen Militärausgaben wären dann die höchsten auf dem europäischen Kontinent. (aw/ahe/08.11.2018)