Übrige Fraktionen lehnen AfD-Vorschläge zum Straf- und Ausländerrecht ab
Mit einem umfangreichen Forderungskatalog zur Änderung des Straf- und Ausländerrechts stößt die AfD-Fraktion im Bundestag auf entschiedene Ablehnung der anderen Fraktionen. Dies wurde am Freitag, 19. Oktober 2018, im Parlament bei der ersten Lesung des entsprechenden Gesetzentwurfs der AfD-Fraktion (19/5040) deutlich.
Gesetzentwurf der AfD-Fraktion
Danach soll die Revision als Rechtsmittel abgeschafft werden und Urteile „künftig grundsätzlich nur noch im Wege der Annahmeberufung anfechtbar sein“. Eine Untersuchungshaft soll dem Entwurf zufolge auch über sechs Monate ausgedehnt werden können, wenn Wiederholungsgefahr besteht. Lockerungen beim Strafvollzug will die AfD-Fraktion „an deutlich höhere Anforderungen geknüpft“ sehen.
Wie sie AfD-Fraktion in der Vorlage ausführt, umfasst die von ihr vorgesehene Änderung im Strafgesetzbuch „ein deutliches Heraufsetzen der Anforderungen an die verminderte Schuldfähigkeit und an die Strafaussetzung zur Bewährung bei Verurteilungen von mehr als einem Jahr“. Ferner solle es mit Strafurteil künftig möglich sein, auch die Entziehung der Aufenthaltserlaubnis und die Ausweisung anzuordnen, wenn der Täter als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung anzusehen ist.
In das Asylgesetz soll nach den Vorstellungen der AfD eine Präventivhaft eingeführt werden, „die solange andauert, wie von dem Ausländer eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Allgemeinheit ausgeht“. Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf unter anderem vor, den Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem Geburtsortsprinzip („ius soli“) abzuschaffen.
AfD: Verfahrensstau an den Gerichten abbauen
In der Debatte beklagte der AfD-Abgeordnete Roman Reusch, die Strafjustiz in Deutschland sei insgesamt nicht mehr in der Lage, die ihr vom Gesetz zukommende Rolle bei der Bewahrung der inneren Sicherheit ausreichend zu erfüllen. Notwendig seien Maßnahmen, „die sofort wirken und den Verfahrensstau an den Gerichten helfen abzubauen“.
Zur geforderten Abschaffung der Revision sagte Reusch, es sei eine „irrsinnige Zumutung für alle Beteiligten“, monate- und jahrelange Verfahren nochmals von vorne verhandeln zu müssen. Reusch forderte zudem, bei Heranwachsenden ausnahmslos Erwachsenenrecht anzuwenden, und warb für einen Haftgrund für Straßenraub und „Messerattacken“.
CDU/CSU: Gang in den Unrechtsstaat
Der CDU-Parlamentarier Alex Müller kritisierte, die von der AfD geforderte Abschaffung der Rechtsweggarantie bedeute den „Gang in den Unrechtsstaat“. Eine Abschaffung der Revisionsinstanz würde dazu führen, dass ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilter nur noch eine einzige Instanz zur Überprüfung des Urteils hätte, und dies auch nur dann, wenn die Berufung zugelassen worden sei.
Auch mache die AfD bei ihrem „Rundumschlag“ nicht vor dem Jugendstrafrecht halt. Hier wolle sie den Erziehungsgedanken herausstreichen und auf „reine Abschreckung“ setzen. Ebenso passe es der AfD nicht, „dass Strafvollzugsanstalten Resozialisierungsbemühungen unternehmen“.
FDP: Wiederauferstehung der Sippenhaft
Der FDP-Abgeordnete Dr. Jürgen Martens hielt der AfD vor, ein „Sonderstrafrecht für Ausländer“ anzustreben. Dies sei „aus gutem Grund“ in Deutschland unzulässig. Dabei sehe die AfD als „Folgesanktion sogar die Ausbürgerung von Menschen vor, selbst wenn diese staatenlos werden“.
Dies widerspreche mindestens fünf völkerrechtlich verbindlichen Abkommen, „die genau das untersagen“.
Auch wäre die von der AfD vorgesehene „Liste der kriminell besonders auffälligen Familien“ die „Wiederaufstehung der Sippenhaft“, warnte Martens und fügte hinzu: „Die familienbezogene Erfassung von Straftätern gab es zuletzt im Dritten Reich.“
SPD: Beleidigung des Rechtsstaates
Auch der SPD-Parlamentarier Helge Lindh warf der AfD vor, wieder die „Idee einer Sippenhaft“ einführen zu wollen. Wer ihren Gesetzentwurf lese, wisse, „wohin die Reise mit der AfD geht und in welchen Unrechtsstaat wir uns bewegen“, betonte Lindh unter Verweis auf die in der Vorlage geforderte Präventivhaft und Abschaffung der Revision.
Im Einbürgerungsrecht sollten „all die mühsam erkämpften Rechte“ für Menschen mit Migrationshintergrund „wieder verschwinden“, fügte er hinzu und sprach von einer „Beleidigung des Rechtsstaates“. Die AfD verfolge weder demokratische Ziele noch wolle sie demokratische Mittel.
Linke: Angriff auf unsere Demokratie
Für Die Linke wertete ihre Abgeordnete Gökay Akbulut den AfD-Entwurf als „weiteren rechtspopulistischen Angriff auf den Rechtsstaat und auf unsere Demokratie“. Die Vorlage habe „einige Parallelen zum Dritten Reich“. Die darin enthaltenen Forderungen verstießen „gegen das Grundgesetz, die Rechtsstaatlichkeit, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sowie gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen“.
Mit dem Entwurf sollten „Grund- und Menschenrechte von Geflüchteten und Migranten komplett ausgehebelt werden“. Die AfD stelle mit der Vorlage und ihrer „Law-and-order-Politik“ eine „Gefahr für den Rechtsstaat und für die innere Sicherheit“ dar.
Grüne: Gefährdung des Rechtsstaates
Auch die Grünen-Parlamentarierin Canan Bayram sah in dem Gesetzentwurf eine Gefährdung des Rechtsstaates. So würde mit der Revision auch der Rechtsschutz abgeschafft. Straf- und Verwaltungsrecht würden in der Vorlage „durcheinandergeschmissen“, und beim Jugendstrafrecht und Justizvollzug wolle die AfD Änderungen vornehmen, ohne deutlich zu machen, wie sie mit den Folgen dieser Änderungen umgehen wolle.
Beim Thema Migration sei es der AfD nicht gelungen, „verfassungskonforme Regelungen auf den Weg zu bringen“, sagte Bayram. (sto/19.10.2018)