AfD beklagt „Haushaltsuntreue und Mittelverschwendung“
Die AfD fordert einen eigenen Tatbestand Steuergeldverschwendung, um Haushaltsuntreue bestrafen zu können. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktion (19/2469) hat der Bundestag am Donnerstag, 7. Juni 2018, erstmals diskutiert und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.
AfD: Freibrief für Steuerverschwender
In seiner Rede sagte Roman Johannes Reusch (AfD), im ganzen Land würde über Steuergeldverschwendung diskutiert. Während den Bürgern, die sich ihren Steuerpflichten entzögen, Strafverfolgung drohe, hätten Leute, die Steuergelder „sinnlos verschwenden Carte blanche“.
Reusch sagte, normalerweise würden AfD-Anträge „schlank abgelehnt“, gern auch mit dem Verweis auf handwerkliche Fehler, die im Ausschuss aber korrigiert werden könnten. Er sei daher gespannt, was die anderen Fraktionen sich nun „einfallen lassen“ würden.
CDU/CSU: Sanktionen bereits heute möglich
Der AfD-Einschätzung zu einer Notwendigkeit einer Neuregelung widersprachen die Redner der übrigen Fraktionen. So sagte Dr. Jan-Marco Luczak für die Unionsfraktion, es sei klar, dass Steuerverschwendung „Folgen haben“ müsse. Es sei aber fraglich, ob man dafür einen neuen Straftatbestand brauche, Es gebe bereits heute „Schranken und Sanktionen“ für Steuerverschwendung sowie den Paragrafen 266 des Strafgesetzbuchs („Untreue“).
Der AfD-Vorstoß, jeden Verstoß gegen das Haushaltsrecht als strafwürdig zu erklären und Fehlentscheidungen zu kriminalisieren, sei nicht der richtige Weg. Das Strafrecht solle „Ultima Ratio“ sein.
FDP: Vorschlag schadet Ehrenamt
Der Liberale Dr. Stefan Ruppert sagte, der Antrag habe zumindest in Teilen die richtige Stoßrichtung. Allerdings würde der Vorschlag im Strafrecht nicht funktionieren, weil die Norm nicht in den Gesamtkontext überführt werde.
Die vorgeschlagene Ausweitung des Amtsträgerbegriffs würde Menschen, die sich ehrenamtlich engagierten, kriminalisieren. Dies schade dem Ehrenamt.
SPD: Steuerverschwendung nicht folgenlos
Für die SPD betonte Sonja Amalia Steffen, die Auslegung der AfD, der Bundesgerichtshof habe 1997 in seiner sogenannten „Bugwellenentscheidung“ zu Paragraf 266 die strafrechtliche Sanktionierung von Steuerverschwendung aufgehoben und es gehe seither in Deutschland „rechtlos“ zu, sei falsch.
Es sei schlicht falsch, dass Untreue zulasten der öffentlichen Hand nicht strafbar sei.
Linke: Amtsträger nicht unter Generalverdacht stellen
Der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns sagte, die Bundesgerichtshof-Entscheidung habe klargestellt, dass das Schutzgut von Paragraf 266 das Vermögen sei und „nicht jede kleine Haushaltsregel der öffentlichen Hand“.
Der AfD-Vorschläge stelle Amtsträger unter Generalverdacht. Würde der Vorschlag umgesetzt, würde dadurch massiv Bürokratie aufgebaut. Kurz: Der Antrag sei „aus so dünnem Stoff“, dass man feststellen müsse: „Der Kaiser ist nackt, mal wieder.“
Grüne: Antrag widerspricht Rechtsstaat
Für die Fraktion Bündnis 90/die Grünen monierte Canan Bayram, der Antrag gebe vor, Lösungen zu finden, die darin bei genauerer Betrachtung nicht enthalten seien. Zudem würde mit den Vorschlägen etwa zu neuen Aufgaben des Bundesrechnungshofs ein Regelwerk von Institutionen geschwächt.
Bei dem angestrebten Umbau des Bundesrechnungshofs in eine Unterstützungsbehörde der Staatsanwaltschaft müsse man fragen, ob dies überhaupt möglich sei. Zudem stünde das Bestreben, jeden Fehler hart zu bestrafen, im Widerspruch zu den Rechtsstaatsbegriffen der Differenzierung und Verhältnismäßigkeit.
Mieruch: Beispiele für nicht sanktionierte Steuerverschwendung
Der fraktionslose Abgeordnete Mario Mieruch sagte, eine Anzeige der Bundesregierung wegen der Vergabe eines Kredits an die insolvente Fluglinie Air Berlin wegen Untreue sei eingestellt worden – Beispiele für eine solche Rechtsprechung fänden sich viele.
Der Ausschuss solle sicherstellen, dass so etwas nicht wieder vorkommen könne.
„Haushaltsuntreue strafrechtlich sanktionieren“
Geändert werden sollen nach dem Willen der AfD das Strafgesetzbuch und weitere Gesetze, um Haushaltsuntreue zu bekämpfen und eine ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel sicherzustellen. Die Fraktion will eine neue Vorschrift in das Strafgesetzbuch aufnehmen, um Haushaltsuntreue sanktionieren zu können. Praktisch sei deren strafrechtliche Sanktionierung aufgrund des Umschwungs in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Jahre 1997 in der sogenannten „Bugwellenentscheidung“ zu Paragraf 266 des Strafgesetzbuches („Untreue“) aufgehoben worden. Seit dieser Entscheidung sei der Anwendungsbereich des Paragrafen in derartigen Fällen auf klare oder zu vermutende Fälle von Korruption, also von Zweckentfremdung zum Nutzen einzelner Privatleute, eingeschränkt.
Darüber hinaus will die AfD einen Ordnungswidrigkeitentatbestand in das Haushaltsgrundsätzegesetz einfügen, mit dem die Verletzung haushaltsrechtlicher Vergabevorschriften geahndet werden kann. Ferner solle eine Mitteilungspflicht des Bundesrechnungshofes, der Landesrechnungshöfe sowie aller Prüfungsinstanzen für die Prüfung öffentlicher Haushalte an die Staatsanwaltschaft oder bei dem Verdacht von Ordnungswidrigkeiten an die Zuständige Verwaltungsbehörde in das Haushaltsgrundsätzegesetz aufgenommen werden. Die Rechnungshöfe sowie alle zuständigen Prüfungsstellen sollen das Recht erhalten, ein Klageerzwingungsverfahren beantragen zu können. (suk/vom/nal/07.06.2018)