AfD-Kandidaten fallen bei Gremienwahlen erneut durch
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 19. April 2018, Mitglieder von drei Gremien gewählt. In drei weiteren Wahlen haben die jeweils kandidierenden Abgeordneten der AfD-Fraktion die erforderliche Mehrheit von 355 Ja-Stimmen nicht erreicht und können die jeweiligen Gremien nicht besetzen.
Vertrauensgremium nach Paragraf 10a der Bundeshaushaltsordnung
Mit Stimmkarte und Wahlausweis sollte ein Mitglied des Vertrauensgremiums nach Paragraf 10a der Bundeshaushaltsordnung bestimmt werden. Dazu hatte die AfD einen Wahlvorschlag (19/1705) vorgelegt, in dem sie den Abgeordneten Marcus Bühl vorschlug. Marcus Bühl erhielt 327 Ja-Stimmen bei 269 Nein-Stimmen, 51 Enthaltungen und drei ungültigen Stimmen. Damit verfehlte er die erforderliche Mehrheit von 355 Ja-Stimmen und damit den Einzug in dieses Gremium. Der Bundestag hatte die Mitglieder bereits in seiner Sitzung am 1. März 2018 gewählt. Nicht gewählt worden war der jetzt erneut vorgeschlagene Marcus Bühl, der damals 315 Stimmen erhalten hatte.
Aufgabe des Vertrauensgremiums ist es, die Wirtschaftspläne für die Nachrichtendienste zu billigen, die ihm vom Bundesfinanzministerium vorgelegt werden. Aus Gründen des Geheimschutzes kann der Bundestag die Bewilligung von Ausgaben, die nach diesen geheimzuhaltenden Wirtschaftsplänen bewirtschaftet werden, ausnahmsweise davon abhängig machen, dass die Wirtschaftspläne von diesem Vertrauensgremium, das aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses besteht, gebilligt werden. Das Gremium teilt die Abschlussbeträge der Wirtschaftspläne dem Haushaltsausschuss rechtzeitig mit. Die Mitglieder sind zur strikten Geheimhaltung verpflichtet.
Gremium nach Paragraf 3 des Bundesschuldenwesengesetzes
Ebenfalls mit Stimmkarte und Wahlausweis sollte der Bundestag zwei Mitglieder des Gremiums gemäß Paragraf 3 des Bundesschuldenwesengesetzes bestimmen. Nach dieser Vorschrift wählt der Bundestag für die Dauer einer Legislaturperiode ein Gremium, das vom Bundesfinanzministerium über alle Fragen des Schuldenwesens des Bundes unterrichtet wird. Dem Gremium dürfen nur Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages angehören. Sie sind zur Geheimhaltung verpflichtet. Dazu hatte die AfD-Fraktion einen Wahlvorschlag (19/1706) vorgelegt, in dem sie die Abgeordneten Albrecht Glaser und Volker Münz vorschlug. Albrecht Glaser rhielt 269 Ja-Stimmen bei 321 Nein-Stimmen und 51 Enthaltungen. Acht Stimmen waren ungültig. Volker Münz erhielt 336 Ja-Stimmen bei 250 Nein-Stimmen und 55 Enthaltungen. Auch hier waren acht Stimmen ungültig. Beide verfehlten somit die erforderliche Mehrheit von 355 Ja-Stimmen und sind damit nicht in dieses Gremium gewählt.
Der Bundestag hatte die Mitglieder des Gremiums bereits in seiner Sitzung am 1. März 2018 gewählt. Bereits damals hatten Albrecht Glaser (249 Stimmen) und Volker Münz (321 Stimmen) nicht die erforderliche Stimmenzahl erhalten.
Gremium gemäß Paragraf 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes
In geheimer Wahl mit Stimmkarte und Wahlausweis gewählt werden sollten zwei Mitglieder des Gremiums gemäß Paragraf 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes. Dabei geht es um die Beteiligung des Bundestages an Entscheidungen des Euro-Rettungsschirms EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität). Auch dazu hatte die AfD-Fraktion einen Wahlvorschlag (19/1707) vorgelegt, in dem sie Peter Boehringer als Mitglied und Dr. Birgit Malsack-Winkemann als stellvertretendes Mitglied vorschlug. Boehringer erhielt 329 Ja-Stimmen bei 276 Nein-Stimmen und 51 Enthaltungen. Eine Stimme war ungültig. Auf Malsack-Winkemann entfielen 327 Ja-Stimmen bei 263 Nein-Stimmen und 67 Enthaltungen. Auch hier war eine Stimme ungültig. Beide hatten somit erneut die erforderliche Stimmenzahl von 355 Ja-Stimmen nicht erreicht und gehören dem Gremium damit nicht an.
Der Bundestag hatte die Mitglieder des Gremiums bereits am 1. März 2018 gewählt. Bereits damals waren Boehringer mit 308 Stimmen und als Stellvertreterin Dr. Malsack-Winkemann mit 314 Stimmen nicht gewählt worden.
Die Bundesregierung darf einem Beschlussvorschlag, der die „haushaltspolitische Gesamtverantwortung“ des Bundestages berührt, nur zustimmen oder sich enthalten, nachdem der Bundestag dazu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. Wenn Staatsanleihen auf dem sogenannten Sekundärmarkt, meist an Börsen, gehandelt werden sollen, kann die Bundesregierung auf die „besondere Vertraulichkeit“ der Angelegenheit hinweisen. In diesem Fall nimmt das Sondergremium die Beteiligungsrechte des Bundestages wahr.
Wenn das Sondergremium der Bundesregierung im Hinblick auf das Erfordernis der Vertraulichkeit widerspricht, kann der Bundestag selbst seine Beteiligungsrechte wahrnehmen. Das Sondergremium berichtet dem Bundestag über Inhalt und Ergebnis seiner Beratungen, sobald die „besondere Vertraulichkeit“ wegfällt.
Unterlagen des Politbüros der SED
Durch Handaufheben haben die Fraktionen des Bundestages mit breiter Mehrheit bei Enthaltung der Fraktion Die Linke die Mitglieder des Kuratoriums der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv“ (SAPMO) gewählt. Dazu haben CDU/CSU, SPD, AfD und FDP Wahlvorschläge (19/1703) vorgelegt. Das SAPMO in Berlin-Lichterfelde ist eine unselbstständige Stiftung öffentlichen Rechts im Bundesarchiv. Es stellt Archivgut zur Benutzung bereit, das außerhalb der staatlichen Behörden der DDR bei den politischen Entscheidungen zur Kontrolle und Steuerung von Staat und Gesellschaft entstanden ist. Bis 1990 unterlag es strikter Geheimhaltung und ist nun bis auf personenbezogene Unterlagen frei benutzbar.
Das Archivgut umfasst unter anderem die Unterlagen des Politbüros der SED und der Büros einzelner Funktionäre, des Zentralkomitees mit seinen Abteilungen sowie parteieigener Schulungseinrichtungen von 1946 bis 1990. Mit dem Parteiarchiv der SED ging auch das dort verwahrte Archivgut der KPD, das von der Gründung 1919 bis zum Ende der illegalen Aktivität in der Bundesrepublik 1971 entstanden war, an die SAPMO über.
Gewählt sind: Mitglieder: CDU/CSU: Dr. Silke Launert, Johannes Selle; SPD: Katrin Budde; AfD: Jürgen Pohl; FDP: Dr. Jürgen Fröhlich. Stellvertreter: CDU/CSU: Prof. Dr. Manfred Wilke, Prof. Dr. Peter Maser; SPD: Prof. Dr. Bernd Faulenbach; AfD: Siegbert Dröse; FDP: Prof. Dr. Ewald Grothe.
17-köpfiger BaFin-Verwaltungsrat
Gewählt wurden durch Handaufheben mit breiter Mehrheit bei Enthaltung der Fraktion Die Linke die Mitglieder des Verwaltungsrates bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Dazu haben CDU/CSU, SPD, AfD und FDP Wahlvorschläge (19/1318) vorgelegt. Der Verwaltungsrat der BaFin überwacht die Geschäftsführung der Bundesanstalt und unterstützt sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Außerdem entscheidet er über das Budget der BaFin, das ausschließlich von den beaufsichtigten Unternehmen finanziert wird und damit nicht zum Bundeshaushalt gehört.
Dem 17-köpfigen Verwaltungsrat gehören Vertreter des Bundesfinanzministeriums, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, Abgeordnete des Bundestages sowie Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft an.
Gewählt sind: CDU/CSU: Matthias Hauer, Alexander Radwan; SPD: Dr. Jens Zimmermann; AfD: Prof. Dr. Harald Weyel; FDP: Frank Schäffler.
Stellvertretende Mitglieder: CDU/CSU: Dr. Carsten Brodesser, Dr. h. c. Hans Michelbach; SPD: Sarah Ryglewski; AfD: Volker Münz; FDP: Dr. Florian Toncar.
Stiftungsrat der Stiftung Humboldt Forum
Im wurden mit breiter Mehrheit bei Enthaltung der Fraktion Die Linke durch Handaufheben die Mitglieder des Stiftungsrates der „Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum“ gewählt. Dazu haben CDU/CSU, SPD, AfD und FDP Wahlvorschläge (19/1704) vorgelegt. Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, die 2009 auf Beschluss des Bundestages von der Bundesregierung gegründet wurde, ist Bauherrin, Eigentümerin und spätere Betreiberin des Humboldt Forums. Sie koordiniert die Interessen der Akteure und steuert mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung die Planung der Architekten und Fachingenieure sowie die Baudurchführung. Zudem soll die Geschichte des Ortes dargestellt werden – vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
Der Stiftungsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Fünf Mitglieder entsendet der Deutsche Bundestag. Als Vertreter der Bundesregierung entsendet je ein Mitglied das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Auswärtige Amt. Jeweils zwei Mitglieder entsenden das Land Berlin und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Je ein Mitglied entsenden die Kulturprojekte Berlin GmbH und die Humboldt-Universität zu Berlin.
Gewählt sind: Mitglieder: CDU/CSU: Stefan Müller (Erlangen), Volkmar Vogel (Kleinsaara); SPD: Dr. h. c. Wolfgang Thierse; AfD: Dr. Marc Jongen; FDP: Hartmut Ebbing. Stellvertreter: CDU/CSU: Yvonne Magwas, Kai Wegner; SPD: Klaus Mindrup; AfD: Tobias Matthias Peterka; FDP: Thomas Hacker.
(nal/vom/19.04.2018)