Menschenrechte

Gyde Jensen setzt sich für Nguyen Bac Truyen ein

Eine Frau in einem schwarzen Blazer sitzt hinter einem Mikrofon und spricht

Gyde Jensen (FDP) (© DBT/Simone M. Neumann)

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Gyde Jensen (FDP), fordert die Revision des Prozesses gegen den vietnamesischen Rechtsanwalt Nguyen Bac Truyen. „Ich möchte erreichen, dass er freigelassen wird“, sagt Jensen am Montag, 9. April 2018. Vier Tage zuvor war Nguyen Bac Truyen von einem Gericht in Hanoi zu elf Jahren Haft und drei Jahren Hausarrest verurteilt worden. Mit ihm wurden sechs weitere Menschenrechtsverteidiger zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Ein Mann in einem weißen Hemd und schwarzen Anzug steht neben zwei uniformierten Personen und guckt sorgenvoll

Nguyễn Bắc Truyển (Mitte) bei der Gerichtsverhandlung (© Bùi Lâm Khánh)

„Ursprünglich war der Prozess auf zwei Tage angesetzt und endete überraschend nach nur einem Tag“, sagt Gyde Jensen. Hinter so kurzen Prozesszeiten stecke Absicht, um solche Fälle schnell und mit möglichst wenig Öffentlichkeit abzuwickeln. „Bis vor Kurzem war nicht einmal bekannt, wann der Prozess geführt wird und wie es Truyen wirklich geht.“ Er habe zudem keinen dauerhaften Zugang zu einem Anwalt gehabt und lange Zeit die Anklageschrift nicht gekannt. „Die Voraussetzungen waren sehr schlecht, um eine Verteidigung vorzubereiten“, kritisiert Jensen.

„Parlamentarier schützen Parlamentarier“

„Das sind gleich mehrere Gründe, warum wir ihn ins PSP aufgenommen haben und ich selber die Patenschaft übernehme“, erklärt die junge Abgeordnete, die sich für den Anwalt im Rahmen des Patenschaftsprogramms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ (PsP) des Deutschen Bundestages einsetzt. In dem Programm können sich Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen weltweit für sogenannte Menschenrechtsverteidiger engagieren, die in ihren Heimatländern nur wenig oder gar keine Unterstützung haben.

Mit dem gemeinsamen Antrag „Schutz von bedrohten Menschenrechtsverteidigern“ von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (15/2078) hat sich der Bundestag im Jahr 2003 fraktionsübergreifend verpflichtet, die Initiative zu unterstützen und bedrohten Parlamentariern und Menschenrechtlern beizustehen. Ziel der schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten ist es, dass die Haftbedingungen für Nguyen Bac Truyen wenigstens so gut wie möglich sind, dass er seine Familie und seinen Anwalt sehen kann und dass seine Haftstrafe verkürzt wird. „Das Strafmaß ist übertrieben“, sagt sie.

Öffentlichkeit zum Schutz gegen das Vergessen

Schnelle Abhilfe sei allerdings nicht zu erwarten, schätzt Jensen. Aber als Abgeordnete stünden ihr einige wirksame Mittel zur Verfügung. Als Ausschussvorsitzende habe sie bereits mit dem Botschafter der Sozialistischen Republik Vietnam in Deutschland Kontakt aufgenommen und ein Gespräch in der kommenden Woche vereinbart. Die Haltung beurteilt sie als „mauernd“. Die offizielle Position laute, wer das Recht nicht achte, der müsse mit den Konsequenzen rechnen. „Dazu gehören Presse- und Meinungsfreiheit leider nicht“, sagt Jensen.

Nguyen Bac Truyen habe sich für Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und für ein pluralistisches Mehrparteiensystem sowie Gewaltenteilung in seinem Land eingesetzt. „Das wird ihm aus Sicht des Staates als Propaganda gegen die Sozialistische Republik Vietnam ausgelegt.“ Wenigstens habe Jensen den Eindruck gewonnen, dass der Wille der Botschaft da gewesen sei, miteinander im Gespräch zu bleiben. Die Ausschussvorsitzende will nun Öffentlichkeit herstellen und in sozialen Netzwerken an das Schicksal von Nguyen Bac Truyen erinnern. Durch mehr öffentliche Aufmerksamkeit könnten bessere Haftbedingungen erreicht und vielleicht die Haft- und anschließende Arrestzeit verringert werden.

Recht auf Meinungsfreiheit weltweit unter Druck

„Die Ausübung der Meinungsfreiheit steht an vielen Orten dieser Welt unter Druck“, so die Abgeordnete. Den Regierungen solcher Länder sei in der Regel dennoch daran gelegen, ein gutes Verhältnis zu Parlamentariern in Deutschland zu pflegen. Mit dem PSP-Programm würden diese Fälle lange begleitet. Außerdem könne darauf aufmerksam gemacht werden, wie es um die Arbeit von verfolgten Oppositionellen, Anwälten, Gewerkschaftern und Parlamentariern weltweit stehe.

Die Kontakte und die Unterstützung blieben darüber hinaus über Legislaturperioden und Parlamentsmitgliedschaften hinweg bestehen. So hätten bereits die Abgeordneten Martin Patzelt (CDU/CSU) und Philipp Lengsfeld (CDU/CSU) bei ihrem Engagement in Vietnam Truyen in der vergangenen Wahlperiode im Juni 2017 in Ho-Chi-Minh-Stadt getroffen. Nun kündigt Gyde Jensen an, spätestens im kommenden Jahr nach Vietnam reisen zu wollen. Die Abgeordnete will sich um den Zugang zu Truyen im Gefängnis bemühen und seine Familienmitglieder besuchen, damit sein Schicksal nicht vergessen wird. (eis/09.04.2018)