Gesundheit

Gesundheits­minister Jens Spahn will drän­gende Proble­me so­fort an­gehen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Probleme in der Gesundheits- und Pflegeversorgung entschlossen angehen. Der CDU-Politiker gab am Freitag, 23. März 2018, in seiner Regierungserklärung im Bundestag einen Ausblick auf die Legislaturperiode und stellte aus dem Koalitionsvertrag einige Vorhaben als vordringliche Projekte besonders heraus: die Pflege, die ambulante Versorgung und die künftige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Spahn sagte, in der Gesundheitspolitik würden grundsätzliche Fragen berührt, Ängste, Sorgen, Krankheiten und Schicksale. Schwere Schicksale könnten nicht verhindert werden, umso wichtiger sei es, im konkreten Fall zu helfen und den Alltag der Betroffenen erträglicher zu gestalten. Der CDU-Politiker dankte in dem Zusammenhang allen Beschäftigten im deutschen Gesundheitswesen, die zusammen mit den Angehörigen „Großartiges“ leisteten.

Minister: 8.000 neue Pflegestellen als erster Schritt

In der Pflege habe sich in den vergangenen Jahren durch Reformprojekte schon viel getan. Dennoch stehe die Pflege weiter im Fokus. So werde es unter anderem darum gehen, die Pflegeberufe zu modernisieren und an die neuen Anforderungen anzupassen. Die geplante Schaffung von 8.000 neuen Pflegestellen bezeichnete Spahn als einen „wichtigen ersten Schritt“.

In der ambulanten Versorgung sei ein Ziel, die Sprechstunden der Ärzte auszuweiten und die Servicestellen zur raschen Vermittlung von Facharztterminen auszubauen. Zum Reformprogramm gehöre schließlich auch die Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung in der GKV ab 2019. Spahn sprach in dem Zusammenhang von einem milliardenschweren „Beschäftigungsentlastungsgesetz“. Dies sei ein deutliches Zeichen an jene, die das System mit ihren Beiträgen finanzierten. Als weiteres wichtiges Anliegen nannte der Minister die Digitalisierung. Spahn betonte: „Wir haben viel vor.“

AfD: Deutsche teilweise schlechter gestellt als Asylbewerber

Die Opposition kritisierte in ihren Erwiderungen unklare und unkonkrete Pläne im Koalitionsvertrag sowie falsche Weichenstellungen auch in der Vergangenheit. Detlev Spangenberg (AfD) rügte, schon lange seien der Ärztemangel und die Überalterung der Mediziner bekannte Probleme, die jedoch nicht gelöst worden seien. Auch das Problem mit den hohen Versicherungsbeiträgen für freiberufliche Hebammen bestehe nach wie vor. 

Die Politik der vergangenen Jahre sei „katastrophal“. Hinzu komme ein völlig ungerechtfertigtes Anspruchsdenken, sagte Spangenberg mit Blick auf die Gesundheitsversorgung für Ausländer und Asylbewerber. Deutsche würden in der Gesundheitsversorgung teilweise schlechter gestellt als Asylbewerber. Die Leistungsträger, die das Geld für die Asylleistungen erst erwirtschaften, müssten wieder stärker beachtet werden.

SPD: Löhne der Pflegefachkräfte müssen steigen

Der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach warf der AfD Unkenntnis und Ignoranz vor. Der Partei gehe es immer nur um das Thema Ausländer, von den wirklichen gesundheitspolitischen Herausforderungen verstünden sie nichts. Lauterbach sieht in der Verbesserung der Pflegeversorgung eine wesentliche Aufgabe der Großen Koalition. Das Pflegestellensofortprogramm allein werde die Probleme aber schon deswegen nicht lösen, weil es an Bewerbern mangele. So stünden den geplanten 8.000 neuen Stellen derzeit 17.000 offene Stellen gegenüber bei nur rund 3.000 Bewerbern. 

Um das Problem zu lösen, müssten die Löhne für Pflegefachkräfte deutlich steigen. „Die Spirale muss sich wieder nach oben drehen.“ Lauterbach räumte ein, dass durch die Einführung von Abrechnungen nach Fallpauschalen in Kliniken 25.000 Stellen in der Pflege verloren gegangen seien. Künftig werde die Pflege aus den Fallpauschalen herausgenommen. Das Sparen zulasten der Pflege werde damit beendet.

FDP: Ärzte durch bürokratische Vorgaben belastet

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) hielt der Koalition „Ungereimtheiten“ im Koalitionsvertrag vor. So vertrage sich die Stärkung der freiberuflichen Ärzte kaum mit der planwirtschaftlichen Ausweitung von Sprechstunden. Die Offensive bei der Digitalisierung stehe im Widerspruch zum geplanten Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Medikamente. 

Sie wies zudem auf die enorme Belastung der Ärzte durch bürokratische Vorgaben hin. Wenn nur die Hälfte der rund 54 Millionen Bürokratiestunden pro Jahr für die Versorgung zur Verfügung stünden, wäre das ein enormer Gewinn für die Patienten. Viele Leistungen der Ärzte in der GKV würden auch gar nicht bezahlt. Sie sprach sich dafür aus, die Budgetierung komplett abzuschaffen.

Linke lehnt Zusatzbeiträge und Preiswettbewerb ab 

Grüne und Linke gingen auch auf die seit Jahren strittige Finanzierung der GKV ein. Harald Weinberg (Linke) merkte an, die im Koalitionsvertrag erwähnte Neuordnung der Gebührenordnung für Ärzte sei vage. Von der Kommission, die das Thema beraten solle, sei nicht viel zu erwarten. Die Rückkehr zur Parität sei zu begrüßen, allerdings bleibe der Preiswettbewerb um die Zusatzbeiträge erhalten. 

Die Linke lehne die Zusatzbeiträge wie auch den Preiswettbewerb der Kassen ab. Was die Pflege betreffe, gebe es kurzfristigen Handlungsbedarf. So müsse dringend eine Personalbemessung eingeführt werden. Falls es nicht möglich sei, die Personaluntergrenzen in bestimmten Abteilungen zu erreichen, müssten notfalls „Betten geschlossen“ werden, weil sonst die Pflege gefährlich würde.

Grüne: Der Pflegenotstand ist Realität

Ähnlich äußerte sich Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen), die betonte: „Der Pflegenotstand ist Realität. Wir sind mittendrin.“ In dieser dramatischen Situation erwarteten die Menschen echte Verbesserungen und keine Minischritte. 

Dörner äußerte Zweifel, ob ausgerechnet Spahn, der in der Vergangenheit mit fragwürdigen und plakativen Forderungen aufgefallen sei, ausreichend Empathie mitbringe, um sich in die Nöte der Menschen hineinzuversetzen. Zum andauernden Finanzierungsstreit sagte die Grünen-Abgeordnete, die Bürgerversicherung bleibe ein wichtiges Thema.

CDU/CSU: Niederlassungsfreiheit statt Planwirtschaft

Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) ging in seiner Rede auf die teilweise schwierige Versorgungslage im ländlichen Raum ein. Entscheidend sei, mehr Mediziner zu einer Niederlassung in ländlichen Regionen zu bewegen. Die abstrakte Bedarfsplanung sei dafür eher ungeeignet. 

Künftig solle es jedenfalls keine Zulassungssperren mehr geben für Ärzte, die sich im ländlichen Raum niederlassen wollten. Man müsse wegkommen von der Planwirtschaft und hin zur Niederlassungsfreiheit in den ländlichen Gebieten. (pk/23.03.2018)