Ja zu neuen Regelungen über den Lärmschutz an Sportanlagen
Die geplante Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung (SALVO) ist am Montag, 23. Januar 2017, bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit unter Leitung von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) auf grundsätzliche Zustimmung gestoßen. Mehrere Sachverständige forderten über den Entwurf der Bundesregierung (18/10483) hinaus eine sogenannte Privilegierung von Kinderlärm auch bei Nutzung von Sportanlagen. Auf Kritik stießen die höheren Grenzwerte im „Urbanen Gebiet“. Der Verordnungsentwurf steht am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung.
Richtwerte für „Urbanes Gebiet“
Die Novelle der SALVO sieht vor, die Richtwerte für die abendlichen Ruhezeiten sowie für die Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr um fünf Dezibel zu erhöhen. Damit gelten für diese Zeiten die gleichen Richtwerte wie tagsüber außerhalb der Ruhezeiten. Unberührt bleiben die morgendlichen Ruhezeiten.
Der Verordnungsentwurf sieht zudem Richtwerte für die geplante neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ vor. Weiterhin soll die Regelung für Sportanlagen, die vor 1991 genehmigt wurden oder die ohne Genehmigung errichtet werden konnten, konkretisiert werden. Geregelt werden soll, welche Umbauten oder Änderungen zulässig sind, damit die entsprechende Anlage weiterhin den „Altanlagenbonus“ nutzen kann, der eine Grenzwertüberschreitung ermöglicht.
„Deutlicher Fortschritt für den Sport“
Klaus Hebborn (Deutscher Städtetag) sprach von einem „deutlichen Fortschritt für den Sport“. Das gelte insbesondere für die Regelung zum Altanlagenbonus. Der Verordnungsentwurf trage dem notwendigen Ausgleich zwischen den Interessen jener, die wohnortnah Sport treiben wollen, und berechtigten Ruheinteressen „im Großen und Ganzen“ Rechnung.
Kritisch betrachtet Hebborn die geplanten Grenzwerte für das Urbane Gebiet. Die vorgeschlagenen 63 dB(A) seien zu hoch, 60 db(A), wie sie auch für Kern-, Dorf- und Mischgebiete vorgesehen sind, seien vorzuziehen.
„Altanlagenbonus um ein akustisches Kriterium ergänzen“
Christian Popp (Lärmkontor GmbH) schloss sich der Kritik an den Grenzwerten für das Urbane Gebiet an. Der Lärm-Gutachter schlug zudem vor, den Altanlagenbonus um ein akustisches Kriterium zu ergänzen, nach dem eine Änderung dann wesentlich ist, wenn der Pegel um mehr als zwei db(A) erhöht wird.
Ganz grundsätzlich regte Popp an, über die Ausgestaltung der Nachtruhezeit, aktuell von 22 bis 6 Uhr, nachzudenken. Seit Einführung habe sich das Freizeitverhalten der Menschen verändert, die Ladenöffnungszeiten ebenfalls und die Sommerzeit sei eingeführt worden. Viele Konflikte ließen sich durch eine Verschiebung entschärfen.
„Guter Ausgleich der verschiedenen Interessen“
Dr. Kai H. Warnecke (Haus & Grund Deutschland) kritisierte die geplante Anhebung von fünf db(A) innerhalb der Ruhezeiten. Diese falle zu hoch aus, eine Erhöhung um zwei db(A) sei ausreichend. Grundsätzlich sei der Verordnungsentwurf aber ein guter Ausgleich der verschiedenen Interessen.
Problematisch sei auch, dass der Altanlagenbonus die Neuinstallation von Lautsprecheranlagen erlauben soll. Dies würde zu Konflikten führen, da die subjektive Wahrnehmung der Anwohner sich dadurch „dramatisch“ veränderte. Das Ersetzen von Lautsprecheranlagen sei hingegen kein Thema, sagte Warnecke.
„Problemdruck und Konfliktintensität haben zugenommen“
Andreas Klages (Deutscher Olympischer Sportbund, DOSB) betonte, es sei wichtig, die SALVO jetzt zu ändern, hätten in den vergangenen Jahren doch „Problemdruck und Konfliktintensität“ zugenommen. Dem Kabinettsentwurf beschied Klages, im Grundsatz einen guten Interessensausgleich vorzunehmen. Dringend geboten sei aber eine Privilegierung von Kinderlärm auch auf Sportanlagen. Die 2011 im Bundes-Immissionsschutzgesetz getroffene Entscheidung, dass Kinderlärm etwa aus Kitas keine „schädliche Umwelteinwirkung“ darstellt, müsse auch auf Sportanlagen übertragen werden, forderte Klages. Diese Ungleichbehandlung sei „blanker Unsinn“.
Die Änderung sei auch deswegen nötig, weil Sportvereine inzwischen Partner der Ganztagsschulen seien. Fände Schulsport auf einer Sportanlage statt, verkürzten sich dadurch die Beurteilungs- und Mittelungszeiträume nach SALVO. Dies wiederum könne dazu führen, dass der eigentliche Vereinssport wegen Überschreitung der Richtwerte eingeschränkt werden müsse, mahnte Klages.
„Verordnung geht in die richtige Richtung“
Auch Thomas Härtel (Landessportbund Berlin) schloss sich dieser Forderung an. Die Verordnung gehe aber in die richtige Richtung. Neben der Kinderlärm-Privilegierung forderte Härtel zudem, den Altanlagenbonus auf Anlagen bis 2017 zu erweitern. Zudem fällt die Erhöhung der Grenzwerte nach Auffassung des Landessportbundes Berlin zu gering aus.
Prof. Dr Rüdiger Engel (Baurechtsamt der Stadt Freiburg im Breisgau) sah in dem Verordnungsentwurf einen „neuen Rahmen“ für die Innenentwicklung von Städten. Sport dürfe nicht „vor die Tore der Stadt verbannt werden“. Wie auch Popp schlug Engel vor, die Nachtruhezeiten anzugehen, indem auf die erste Nachtstunde nach 22 Uhr verzichtet werde. (scr/23.01.2017)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Klaus Hebborn, Deutscher Städtetag, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
- Christian Popp, Lärmkontor GmbH
- Dr. Kai H. Warnecke, Haus & Grund Deutschland, Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V., Spitzenverband der privaten Wohnungswirtschaft
- Andreas Klages, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)
- Thomas Härtel, Landessportbund Berlin e. V. (LSB)
- Prof. Dr. Rüdiger Engel, Baurechtsamt der Stadt Freiburg im Breisgau