Stickstoffeinträge belasten das Grundwasser
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) spricht sich für die Erarbeitung einer nationalen Stickstoffstrategie aus. Das geht aus einem Sondergutachten des SRU (18/4040) hervor, das die SRU-Vertreterin Prof. Dr. Karin Holm-Müller am Mittwoch, 11. November 2015, vor dem Umweltausschuss unter Vorsitz von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) vorgestellt hat. In dem Gutachten verweisen die Experten darauf, dass zu hohe Einträge von Stickstoffverbindungen eines der großen ungelösten Umweltprobleme unserer Zeit seien.
„Kritische Grenze überschritten“
Stickstoffeinträge tragen danach zum Verlust von Biodiversität bei, indem sie die Böden versauern. Stickstoffoxide in der Luft wiederum schädigten direkt die menschliche Gesundheit und bildeten gemeinsam mit Ammoniak gesundheitsschädlichen Feinstaub. Nitrat im Trinkwasser – eine reaktive Stickstoffverbindung – wirke krebserzeugend, während Lachgas – eine weitere reaktive Stickstoffverbindung – die Ozonschicht schädige und den Klimawandel beschleunige.
Auf 48 Prozent der natürlichen und naturnahen Ökosysteme sei die kritische Grenze für Stickstoffeinträge überschritten, sagte Holm-Müller in dem öffentlichen Fachgespräch vor den Abgeordneten. Aufgrund des zu hohen Nitratgehaltes seien zudem 27 Prozent aller Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand, fügte die Umweltökonomin hinzu. Hauptverursacher der Problematik sei die Landwirtschaft, da reaktiver Stickstoff vor allem durch die Verwendung von Düngemitteln und die Tierhaltung freigesetzt werde.
„EU-Agrarpolitik weiter reformieren“
Problematisch sei aber auch der Bereich der Biogaserzeugung, sagte die SRU-Vertreterin. Bei Neuanlagen sollte die Biogaserzeugung nach Ansicht des Sachverständigenrates daher künftig primär auf der energetischen Nutzung von Rest- und Abfallstoffen beruhen.
Was den Beitrag der Landwirtschaft angeht, so forderte Holm-Müller, die EU-Agrarpolitik weiter zu reformieren und ambitioniert umzusetzen. Die Ergebnisse der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik seien aus Sicht von Umwelt- und Naturschutz ernüchternd, sagte sie. Was die EU-Kommission derzeit mit der NEC-Richtlinie zur Senkung der Methan- und Ammoniakemissionen auf den Weg bringen wolle, sei hingegen richtig und wichtig, betonte die Expertin.
„Vollzug muss verbessert werden“
Allerdings müsse auch der Vollzug verbessert werden, sonst bleibe die Richtlinie ein zahnloser Tiger. Holm-Müller sprach sich auch für eine ambitionierte Düngeverordnung aus, die einen ganz wichtigen Schritt darstellen könne. Bei der derzeit in Deutschland diskutierten Reform der Düngeverordnung seien eine verbindliche Düngeplanung, die Einbeziehung aller organischen Düngemittel – auch der gesamten Gärreste aus Biogasanlagen - in die Ausbringungsobergrenzen, strengere Anforderungen an die Ausbringungstechnik, die Erstellung eines Nährstoffvergleichs nach der Methode der Hoftorbilanz und strengere Kontrollen und Sanktionen für einen besseren Vollzug der Vorgaben von besonderer Bedeutung.
Wann die Novelle der Düngeverordnung zur Behandlung im Kabinett ansteht, konnte der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Florian Pronold (SPD), auf Nachfrage nicht sagen. Seines Wissens gibt es zwar inzwischen eine Einigung zwischen Umweltministerium und Landwirtschaftsministerium. Doch kenne er persönlich weder den Entwurf noch den Termin für die Behandlung im Kabinett. Pronold zeigte sich über diesen Zustand unzufrieden. „Das ärgert mich, weil ich weiß, dass die Düngeverordnung ein wichtiger Baustein ist.“ (hau/11.11.2015)