Prof. Dr. Bronisław Geremek (28.01.2002)
Der ehemalige Außenminister der Republik Polen und Träger des Karlspreises zu Aachen 1998, Prof. Dr. Bronislaw Geremek, war der Hauptredner bei der Veranstaltung im Deutschen Bundestag zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Vor Prof. Geremek hielt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse eine Ansprache.
An der Veranstaltung nahmen auch 200 Jugendliche aus Deutschland und mehreren Nachbarstaaten teil, darunter 36 Jugendliche aus Polen und elf aus Frankreich. Im Anschluss an die Gedenkstunde im Plenarsaal trafen sie sich zu einem Gesprächsforum mit Prof. Geremek und Bundestagspräsident Thierse, an dem unter der Leitung von Prof. Dr. Gesine Schwan auch die Zeitzeugen Marek Edelmann und Freya von Moltke teilnahmen. Das Thema dieses Forums war „Erinnerung und Zukunft - Deutsche und Polen als Nachbarn und Partner in Europa“
- Auszüge aus der Ansprache des Bundestagspräsidenten Thierse
- Auszüge aus der Ansprache Prof. Dr. Bronislaw Geremeks
Lebenslauf
*6. März 1932 in Warschau
†13. Juli 2008 bei Lubień
Bronislaw Geremeks Vater, ein Rabbiner, kam in Auschwitz ums Leben; Geremek und seine Mutter überlebten, weil sein Adoptivvater beide kurz vor dem Aufstand 1943 aus dem Warschauer Ghetto herausholte und in einem Dorf unterbrachte.
1950 Eintritt in die kommunistische Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP)
1954 Abschluss des Studiums der Geschichte an der Universität Warschau
1960 Promotion über den Staat des Deutschen Ordens; Gastlektor an der Sorbonne in Paris und ab 1962 Leiter des Zentrums der Polnischen Kultur; Mitte der 60er Jahre Rückkehr nach Polen und Übernahme der Leitung der Forschungsabteilung für mittelalterliche Kulturgeschichte des Historischen Instituts der Akademie der Wissenschaften.
1968 Austritt aus der PVAP , Schlüsselerlebnisse seiner Abwendung vom Kommunismus sind Chruschtschows Rede über die Stalinzeit 1956, die antisemitische Kampagne in Polen 1968 und die Intervention in der Tschechoslowakei
1972 Habilitation
ab 1976 Betätigung in Dissidentenkreisen
1977/1978 Forschungsstipendium am Woodrow Wilson Int. Center in Washington.
ab 1980 Geremek berät Lech Walesa bei der Formulierung der Forderungen und Programme der unabhängigen „Solidarität“ (Solidarnosc)
Dez. 1981- Dez. 1982 Internierung im Zuge des Kriegsrechts; als enger Mitarbeiter Walesas 1983 erneut mehrere Monate Gefängnis; das Angebot zu emigrieren lehnte Geremek ab; er wird aber später amnestiert
1985 Entlassung als Dozent
1989 Professur. Teilnahme an Vorgesprächen zum „Gesellschaftsvertrag“
5. April 1989 Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags durch den polinischen Innenminister Kiszczak und Walesa
Oktober 1991 Sejm-Wahlen. Geremek wird Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses; vorrangiges Ziel der Außenpolitik ist die Integration Polens in die EU und die NATO
Geremek bezeichnet die von Russland abgelehnte Osterweiterung der NATO als „wirksamste Form der Stabilisierung Europas und die Einbindung Polens in die EU als im Interesse ganz Europas liegend“
1997 - 2000 als angesehener Außenpolitiker erhält Geremek das Außenministerium
Auszeichnungen
Auszeichnung der Académie Française; Preis der Alfred-Jurzykowski-Stiftung, New York; Herder-Preis der Hamburger Stiftung F.V.S.; Ehrendoktorwürde u. a. der Universitäten Tours, Utrecht, Columbia, Bologna, Paris-Sorbonne, Brüssel, FU Berlin, Offizier der franz. Ehrenlegion, Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern, Int. Karlspreis; Aachen; Mitglied des Ordens „Pour le mérite“ für Wissenschaften und Künste
Mitgliedschaften und Ämter
Polnische Historische Gesellschaft, PEN-Club, Société Européenne de Culture, Académie Universelle des Cultures (Präsident: Elie Wiesel), Verband der Autoren wissenschaftlicher Arbeiten, Academia Europaea, Europ. Akademie für mittelalt. Forschung und Collège de France (seit 1993).