Kulturgutschutzrecht bleibt umstritten
Berlin: (hib/AW) Die geplante Novellierung des Kulturgutschutzrechts bleibt zwischen Experten und Interessenvertretern höchst umstritten. In einer öffentlichen Anhörung des Kulturausschusses am Mittwoch über den von Kulturstaatsministerin Monika Grütters vorgelegten Gesetzentwurf (18/7456), mit dem die Aus- und Einfuhr von Kulturgütern neu geregelt werden soll, legten 15 geladene Sachverständige ihre unterschiedlichen Sichtweisen auf die Gesetzesnovelle dar.
Die Vertreter von Kunsthändlern und Sammlern erneuerten ihre in den vergangenen Monaten vorgebrachte Kritik, die geplanten Bestimmungen und Auflagen seien zu restriktiv und erschwerten den internationalen Kunsthandel. Christoph Andreas vom Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler und Markus Eisenbeis, Geschäftsführender Gesellschafter des Auktionshauses Van Ham in Köln und Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Kunstversteigerer, kritisierten vor allem die Regelungen zum möglichen Exportverbot von „national wertvollem Kulturgut“. Dieser Begriff müsste enger definiert werden. Sonst bestehe die Gefahr, dass Sammler keine Kulturgüter mehr nach Deutschland einführen, da sie befürchten müssten, diese zukünftig nicht mehr ins Ausland verkaufen zu können. Für Sonderregelungen für Verkäufer und Sammler von Münzen sprach sich der Präsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, Kristian Nicol Worbs, aus. Münzen seien Massenprodukte und nicht einzigartig. Im Gesetzestext sollte deshalb klargestellt werden, dass Münzen keine archäologischen Objekte im Sinne des Kulturgutschutzgesetzes sind.
Für eine enge Auslegung des Begriffs „nationales Kulturgut“ plädierte auch Dorothee Hansen, stellvertretende Direktorin der Kunsthalle Bremen. Schon jetzt seien viele Privatsammler verunsichert und würden Bilder nicht mehr als Leihgaben in Museen ausstellen lassen, da sie befürchten, die Werke könnten auf der Liste der national wertvollen Kulturgüter eingetragen werden. Sie warb für die Einführung eines sogenannten Negativattestes, durch das klargestellt werden könnte, dass es sich bei der Leihgabe nicht um national wertvolles Kulturgut handelt.
Die Vorsitzende der Deutschen Naturwissenschaftlichen Forschungssammlungen, Johanna Eder, verwies darauf, dass der Begriff national wertvolles Kulturgut für Naturgüter unglücklich sei. Paläontologische, mineralogische, zoologische oder botanische Objekte könnten in anderen Ländern ebenso national wertvoll oder identitätsstiftend sein. Der Begriff Kulturgut müsste im Hinblick auf Naturgüter enger gefasst werden.
Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums im Berlin, widersprach der Kritik am Gesetzentwurf. Die Bestimmungen der Unesco-Konvention zum Schutz von Kulturgütern seien in Deutschland noch immer nicht ausreichend umgesetzt. Die Gesetzesnovelle sei deshalb notwendig. Wirtschaftliche Aspekte und Interessen müssten an dieser Stelle zurückstehen. Auch der Berliner Rechtsanwalt Robert A. Kugler mahnte, dass Deutschland die Unesco-Konvention besser umsetzen müsse. Die Ein- und Ausfuhrbestimmungen im Gesetzentwurf seien hierfür geeignet.
Die Europa- und Völkerrechtlerin Kerstin Odendahl von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bewertete den Gesetzentwurf als „gut“. Kulturgüter seien auf der einen Seite ein wirtschaftliches Gut, auf der anderen Seite aber auch ein schützenswertes kulturelles Gut. Der Gesetzentwurf stelle einen Kompromiss dar und werde dem dualen Charakter von Kulturgütern gerecht. Die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Die Definition von national wertvollem Kulturgut sei eng genug gefasst. Über die Eintragung auf die entsprechende Liste würden wie bereits praktiziert Sachverständigenausschüsse in den Bundesländern entscheiden. Der Arbeit dieser Ausschüsse müsse Vertrauen entgegengebracht werden. Auch der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, lobte die Gesetzesinitiative. Sie sei „überfällig“.
Die Staats- und Verwaltungsrechtlerin Sophie Lenski von der Universität Konstanz bezweifelte, dass sich die Ein- und Ausfuhrbestimmungen für Kulturgüter in der Praxis als tauglich erweisen. Der Gesetzentwurf erschwere den ehrlichen Kunsthändlern ihr Geschäft, den unehrlichen biete es hingegen noch immer zu viele Spielräume. Silvelie Karfeld, Hauptkommissarin beim Bundeskriminalamt, sprach sich sogar für eine Verschärfung der Einfuhrbestimmungen vor allem für Antiken aus. Deren Herkunft würde in der derzeitigen Praxis sehr oft bei der Einfuhr verschleiert oder gefälscht. Sie forderte deshalb die Vorlage von eindeutigen Belegen für den rechtmäßigen Erwerb in den Einfuhrvorschriften ähnlich wie bei den Bestimmungen zum Schutz bedrohter Tierarten.
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