Streitpunkt Ferienwohnungen
Berlin: (hib/wid) Die Ferienwohnung ist ein Geschäftsmodell unter Druck. Als Familien-Urlaubsdomizil beliebt, lukrative Einnahmequelle für Vermieter, für Anwohner in reinen Wohngebieten neuerdings immer öfter ein lauthals beklagtes Ärgernis. Etliche Betroffene, die sich belästigt fühlten, zogen in den vergangen Jahren vor Gericht. Mittlerweile liegen mehrere Urteile zugunsten der Kläger vor, die Branche ist verunsichert. Die Bundesregierung strebt bis Ende des Jahres eine Änderung der Baunutzungsverordnung und damit eine gesetzliche Klarstellung an. In einer Anhörung von fünf Sachverständigen befasste sich am Mittwoch der Tourismusausschuss mit dem Thema. Bestandsschutz für Vermieter, eine stabile Rechtsgrundlage für Kommunen, um nach eigenem Bedarf Feriendomizile zu genehmigen, so lautete der Tenor der Empfehlungen.
Der Bürgermeister des mecklenburgischen Ostseebades Kühlungsborn, Rainer Karl, pries das historisch gewachsene „kurörtliche Bewusstsein“ in seiner Gemeinde. Seit 150 Jahren hätten dort Einheimische und Badegäste „friedlich nebeneinander gelebt“, und habe sich der Gast immer auf eine Vorzugsbehandlung verlassen können. Dass es neuerdings Probleme gebe, führte Karl auf zwei Faktoren zurück. Zum einen auf den vermehrten Zuzug von Ortsfremden, die das Idyll an der Ostseeküste suchten und dort dann auch ihre Ruhe haben wollten. Zum anderen darauf, dass manche Vermieter es „übertrieben“, indem sie nicht einzelne Wohnungen, sondern gleich ganze Häuser mit Touristen belegten: „Das geht nicht, dass es keine Wohnungen gibt für Leute, die bei uns arbeiten.“ Zudem hätten die Fremdenverkehrsorte in Mecklenburg-Vorpommern im vergangenen Jahrzehnt einen rasanten Wandel erlebt. Auch das schaffe Konflikte.
Bernd Fischer, Geschäftsführer des Tourismusmarketing Mecklenburg-Vorpommern, würdigte die ökonomische Bedeutung der „nichtgewerblichen Ferienwohnungen“ in seinem Bundesland. Mit 40.000 Betten und 5,2 Millionen Übernachtungen jährlich hätten sie einen Anteil von 18 Prozent am gesamten Übernachtungsvolumen. Allerdings seien durch „Rechtsunsicherheit“ und „sozialen Unfrieden“ bereits zehn Prozent der Ferienwohnungen vom Markt verschwunden, was einer Umsatzeinbuße von zehn Millionen Euro entspreche. Dieses Geld gehe „den Einwohnern Mecklenburg-Vorpommerns verloren“. Energisch plädierte Fischer dafür, Ferienwohnungen auch in reinen Wohngebieten zuzulassen.
Claudia Riemenschneider vom schleswig-holsteinischen Innenministerium wies auf die Rechtslücken hin, die die bestehende Gesetzeslage aufweise. Es gebe keine juristische „Schublade“ , in der die Ferienwohnung unterzubringen sei. Sie sei keine Wohnung, aber auch kein Beherbergungs- und kein Gewerbebetrieb: „Auf welcher Grundlage soll ich was planen?“ Hier bestehe Klarstellungsbedarf, Riemenschneider verwies auch auf Interessenunterschiede zwischen Fremdenverkehrsorten im eigentlichen Sinne und Großstädten, die sich mit Rücksicht auf ihren angespannten Wohnungsmarkt der Ausbreitung des Geschäftsmodells Ferienwohnung widersetzten.
„Der Ferienwohnungsmarkt boomt“, stellte Michelle Schwefel vom Deutschen Ferienhausverband fest und nannte Zahlen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Branche einen Umsatz von acht Milliarden Euro, der zu 70 Prozent auf Kleinbetriebe mit weniger als zehn Betten entfiel. Der Anteil am Übernachtungsvolumen betrage 20 Prozent, damit würden 150.000 Vollarbeitsplätze gesichert. Dem Staat flössen daraus allein an Umsatz- und Einkommenssteuer 750 Millionen Euro jährlich zu.
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