Entschädigung nach Impfskandal in der DDR
Berlin: (hib/PK) Die 1978/1979 in der DDR mit verseuchten Blutprodukten behandelten Frauen erhalten von Bund und Ländern noch immer jährliche Hilfsgelder in Millionenhöhe. So summieren sich die fortlaufenden Geldleistungen an Frauen, die zu DDR-Zeiten bei einer sogenannten Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert wurden, auf mehr als vier Millionen Euro pro Jahr, die jeweils zur Hälfte von Bund und Ländern gezahlt werden, wie aus der Antwort der Bundesregierung (18/3901) auf eine Kleine Anfrage (18/3526) der Fraktion Die Linke hervorgeht.
Für die Heil- und Krankenbehandlung geben zudem die Länder jährlich etwa eine Million Euro aus. Ferner hat den Angaben zufolge der Bund auf Grundlage des im Jahr 2000 in Kraft getretenen Gesetzes über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen (Anti-D-Hilfegesetz - AntiDHG) den etwa 2.400 Leistungsberechtigten insgesamt rund neun Millionen Euro an Einmalzahlungen gewährt.
Leistungen gebe es im Übrigen auch für Folgeschäden. Mit der Anti-D-Prophylaxe sollten Blutgruppen-Komplikationen in der Schwangerschaft verhindert werden.
Die betroffenen Frauen hätten nach dem deutsch-deutschen Einigungsvertrag die Leistungen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (GüK) der DDR zunächst weiter erhalten. Sie seien dann auf eine Versorgung nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) umgestellt worden. Die damalige Regelung habe nur die in der DDR bereits anerkannten Fälle umfasst. Im Einvernehmen von Bund und Ländern hätten aber auch diejenigen, deren Infektion erst später anerkannt oder bemerkt worden sei, Leistungen nach dem Bundesseuchengesetz erhalten. Diese Regelung wurde dann durch das Anti-D-Hilfegesetz ersetzt. Die Höhe der Entschädigung hängt vom jeweiligen Grad der Schädigung (GdS) ab.
Wie viele Frauen von dem Skandal insgesamt betroffen waren, kann offenbar nur annähernd beziffert werden. In einer alten Bundestagsdrucksache (13/2732) vom Oktober 1995 ist im Zusammenhang mit dem Vorfall von maximal 6.773 möglichen Hepatitis-C-Infektionen die Rede. Bis Ende Juni 1979 seien 2.533 der behandelten Frauen an Hepatitis erkrankt, hieß es. Die Vorbeugeimpfung war in der DDR gesetzlich vorgeschrieben, allerdings war Blutplasma knapp. Und so wurde auch eine mit Viren infizierte Spende, die eigentlich gesperrt war, verdünnt und als Impfserum ausgegeben mit der Folge zahlreicher Erkrankungen. Hepatitis C war damals noch gar nicht bekannt.
Hepatitis-C-Viren (HCV) bewirken eine Leberentzündung, die in einem späteren Stadium zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Typisch für die Krankheit sind auch Schlafstörungen, chronische Müdigkeit, Kopfschmerzen und Depressionen. Inzwischen gibt es wirksame Heilmittel gegen chronische Hepatitis C, so etwa den neuen Wirkstoff Sofosbuvir (Handelsname Sovaldi), der nach Angaben der Regierung eine Heilungsrate von 98 bis 99 Prozent erreicht. Allerdings sind die Therapiekosten auch sehr hoch.
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