Streit um Umgang mit Doping-Opfern
Berlin: (hib/HAU) Beim Versuch, eine Sportbilanz nach 25 Jahren deutscher Wiedervereinigung zu ziehen, entzündete sich am Mittwoch im Sportausschuss ein Streit zwischen Ines Geipel, Vorsitzende des Vereins Doping-Opfer-Hilfe, und Stephan Abel, Vizepräsident beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), und dort zuständig für Wirtschaft und Finanzen. Geipel hatte gesagt, ein Rückblick auf die vergangenen 25 Jahre zeige, „dass der organisierte Sport im Rückspiegel der großen Erfolge anhaltend Opfer produziert“. Zugleich warf sie dem organisierten Sport vor, nicht zu seiner Verantwortung gegenüber den Dopingopfern zu stehen. „Die Verweigerungshaltung des DOSB ist nicht hinnehmbar“, so Geipel. Auch wenn die geplante Bereitstellung von 10 Millionen Euro im Bundeshaushalt für Dopingopfer zu begrüßen sei, brauche es auch einen substanziellen Beitrag des Sports, fordert die ehemalige Leichtathletin.
DOSB-Vizepräsident Abel wandte sich gegen die Einschätzung, der Sport produziere anhaltend Opfer. Vielmehr produziere der Sport mündige Sportler und aktive Mitglieder der Gesellschaft, sagte Abel. Falsch sei auch die Annahme, der DOSB gehe am Thema Doping vorbei. Bei 29 Millionen Mitgliedern sei dieses Thema aber nur ein Teilbereich. Es gebe noch viele andere Dinge, die für den deutschen Sport von Wichtigkeit seien, sagte Abel. Zugleich machte er deutlich, dass sich der DOSB sehr wohl seiner Verantwortung stelle. Man sei aber finanziell nicht auf Rosen gebettet und könne nicht einfach so 10 Millionen Euro aus einer Schatulle holen, sagte der DOSB-Vertreter.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI) Ole Schröder (CDU) machte deutlich, dass sich das BMI für die 10 Millionen Euro im Rahmen der Haushaltsberatungen einsetzen werde. Schließlich sei man sich in der Bundesregierung einig, dass die DDR-Doping-Opfer, zu denen auch viele Kinder gehörten, nicht ausreichend entschädigt seien. Schröder stellte klar, dass in der DDR Staatsdoping praktiziert worden sei. Zugleich sei dies aber auch Doping des organisierten Sports gewesen. Insofern müsse auch der DOSB seinen Beitrag leisten, forderte er.
Ines Geipel vertrat zudem die Ansicht, dass kein Schlussstrich unter das Thema Doping gezogen werden könne, weil sich die Sportpolitik nicht geändert habe. Wer heute Topergebnisse fordere, tue dies auf dem Rücken der Athleten, sagte sie.
Für eine offene Auseinandersetzung mit dem Geschehenen sprach sich der Beauftragte der Bundesregierung für die Stasiunterlagen, Roland Jahn, aus. Insbesondere aus Sicht der Opfer sei die Aufarbeitung bislang nicht hinreichend. Von ehemaligen oder noch immer tätigen Sportfunktionären aus den ostdeutschen Ländern wolle er keine Rechtfertigungen hören, sondern die Übernahmen von Verantwortung, so Jahn. Es gehe schließlich um Aufklärung statt um Abrechnung. Auf den Vorwurf der Doping-Opfer-Vertreterin Geipel eingehend, in den ostdeutschen Landessportbünden (LSB) gebe es noch immer Altkaderstrukturen, sagte Jahn, die Mitarbeit bei der Stasi könne nicht zur ewigen Verdammnis führen. Wer allerdings 25 Jahre zu dem Thema gelogen habe, dürfe keine verantwortungsvolle Funktion im Verband oder LSB innehaben.
DOSB-Vertreter Abel räumte ein, dass in den LSBs noch viele „ältere Herrschaften“ tätig seien. Die neuen Vorsitzenden der Landessportbünde zeigten jedoch, dass der Generationswechsel schon stattgefunden habe. Abel bewertete den Prozess des Zusammenwachsens des organisierten Sports aus Ost und West als „gut gelungen“. Mit Blick auf die derzeitige Entwicklung eines neuen Leistungssportkonzeptes sagte er, man werde sicherlich nicht vergessen, dass es in der DDR positive Aspekte bei der Entwicklung von Sportlern gegeben habe.
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