Lob und Kritik für die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung
Mit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016 der Bundesregierung (18/10910) haben sich am Freitag, 31. März 2017, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages befasst. Die im Januar vom Bundeskabinett beschlossene Strategie stellt die nationalen und globalen Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung dar und gibt Leitlinien für künftige Maßnahmen aus. Dabei orientiert sich die Strategie an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Die Agenda wurde im September 2015 auf dem UN-Nachhaltigkeitsgipfel beschlossen. Die Ziele werden in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie jeweils mit Indikatoren unterlegt, um Fortschritte in den jeweiligen Bereichen zu messen. Laut Darstellung der Bundesregierung ist bei 27 Indikatoren ein eher positiver Status oder Trend zu verzeichnen, bei 29 Indikatoren ein eher negativer Status oder Trend, bei sieben Indikatoren sei eine Trendaussage nicht möglich.
Bundeskanzelramt: Politikkohärenz muss verbessert werden
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, die Strategie zeige, dass es in vielen Bereichen Erfolge gebe, aber auch Bereiche, „wo auch wir besser werden müssen“. Aber auch in diesen Bereichen stehe Deutschland oftmals viel besser da als internationale Wettbewerber.
Die Strategie zeige zudem, dass Nachhaltigkeit Ziel und Maßstab des Regierungshandelns sei. Die Verantwortung gehe aber über die Regierung hinaus. Es sei auch wichtig, unter anderem die Länder und Kommunen stärker in den Prozess einzubinden. Zudem müsse die Politikkohärenz verbessert werden, sagte Altmaier.
Umweltministerium: Zielkonflikte müssen gelöst werden
Florian Pronold (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, führte als ein Feld, wo nachhaltige Entwicklung notwendig sei, die globale Baupolitik an. Bis 2050 werde die Menschheit auf neun Milliarden anwachsen. Dafür brauche es jede Menge Wohnraum. Werde dieser herkömmlich gebaut, wären aber schon 40 Prozent des Kohlendioxidausstoß-Budgets, das der Welt noch zur Verfügung stehe, aufgebraucht.
Für eine nachhaltige Entwicklung müssten zudem auch Zielkonflikte benannt und gelöst werden. So müsse es beim Voranbringen des Klimaschutzes im Gebäudebereich gelingen, gleichzeitig die Bezahlbarkeit zu wahren, sagte Pronold.
CDU/CSU: Textilsiegel und Ressourceneffizienzprogramm
Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU), Obmann im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, sagte, dass die Agenda 2030 ein „wichtiger Schritt zu einer nachhaltigeren Welt“ sei. Deutschland habe den Anspruch, bei der globalen Transformation der Welt eine „führende Rolle“ einzunehmen. Daher sei es auch wichtig, dass die Nachhaltigkeitsstrategie verstärkt eine globale Perspektive einnehme.
Deutschland gehe in der Nachhaltigkeitspolitik voran. Als Beispiele nannte der Christsoziale die Einführung des Textilsiegels und das Ressourceneffizienzprogramm der Bundesregierung.
SPD: Deutschland setzt sich ambitionierte Ziele
Carsten Träger (SPD) unterstrich ebenfalls, dass die Bundesrepublik bei der Umsetzung voranschreite. Deutschland setze sich mit der Strategie „ambitionierte Ziele“, entwickele Maßnahmen und nutzte auch die Erfolge dieser Maßnahmen.
Es handle sich um ein „progressives Dokument“. Die Messlatte sei hochgelegt worden. „Nun ist es an der Zeit, zu liefern“, sagte Träger.
Linke sieht Mängel bei der Armutsbekämpfung
Katja Kipping (Die Linke) übte hingegen fundamentale Kritik an der Nachhaltigkeitsstrategie. Sie werden den Aufgaben nicht gerecht, das sei „dramatisch“. Die Problembeschreibung bestehe aus „schöne Sätzen“, aber „wenn es um Lösungen geht, werden Sie auffällig kleinlaut“, sagte Kipping.
Die Strategie bemängelte Kipping etwa im Hinblick auf die Armutsbekämpfung. Es reiche der Bundesregierung, wenn es im Schnitt anderen EU-Bürgern schlechter gehe als deutschen Bürgern. Der „Kampf gegen Ungleichheit“ sei zudem von „Bescheidenheit“ geprägt. „Eine Gesellschaft, in der alle vor Armut geschützt sind, ist möglich“, meinte Kipping.
Grüne fordern eine Milliarde Euro
Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte ebenfalls, dass der Anspruch der Strategie und die Realität des Regierungshandelns nicht zusammenpassten. Als Beispiele führte sie den Klimaschutz an, der beim vergangenen Koalitionsausschuss nicht auf der Tagesordnung gestanden habe, obwohl am selben Tag US-Präsident Donald Trump die Klimapolitik seines Vorgängers für erledigt erklärt habe.
„Dringlichkeit geht anders“, sagte Göring-Eckardt. In Anbetracht der Hungerkrise unter anderem in Somalia und in Südsudan forderte die Grünen-Fraktionschefin von der Bundesregierung, eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen, um die größte Not zu lindern.
Schritt zur Umsetzung der Agenda 2030
Mehrere Mitglieder des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung forderten zudem eine Stärkung ihres Gremiums. Ein Entschließungsantrag der Linken (18/11767) sowie die Unterrichtung über die Strategie wurden zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss überwiesen. Die Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist aus Sicht der Bundesregierung ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der Agenda 2030.
Die Bundesregierung werde die Arbeiten an der Nachhaltigkeitsstrategie nach Beschluss der Strategie konsequent fortführen. Alle staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen, gesellschaftliche Gruppen sowie jede Einzelne und jeden Einzelnen sei dazu eingeladen, sich daran tatkräftig zu beteiligen, schreibt die Regierung.
Entschließungsantrag der Linken
Die Linke fordert in ihrem Entschließungsantrag die Bundesregierung unter anderem auf, der Nachhaltigkeitsstrategie eine Ursachenanalyse voranzustellen, die die bisherige „neoliberale Politik der Bundesregierung und der EU als Teil des Problems versteht“. Auf der Grundlage dieser Analyse solle ein strategischer Ansatz zur Bekämpfung von sozialer Ungleichheit, Klimawandel und Hunger sowie zur Förderung von Frieden entwickelt werden.
Darüber hinaus sollten alle künftigen politischen Entscheidungen und Gesetzesvorhaben im Voraus systematisch daraufhin geprüft werden, ob sie den Zielen der nachhaltigen Entwicklungsagenda sowie den Menschenrechten entsprechen. (scr/hau/31.03.2017)