+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlament

Verlinden stellt Fragen zur Zukunft des Fracking

Porträtaufnahme einer Frau mit lockigen roten Haaren und einer schwarz umrandeten Brille

Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) (© DBT/Schüring)

Die Mehrheit der Deutschen ist dagegen. Die Opposition im Bundestag auch. Und selbst die Koalitionsfraktionen sind gespalten, wenn es um Fracking geht. Zwei Gesetzentwürfe, die die Bundesregierung im Mai 2015 ins Parlament eingebracht hat, um die Nutzung der umstrittenen Gasfördertechnologie zu regeln, liegen seither auf Eis. In der vergangenen Woche nun sorgte die Ankündigung der Energiekonzerne, Fracking in Deutschland erzwingen zu wollen, für Aufmerksamkeit. Bislang hatten die Unternehmen auf das Verfahren, mit dem sich Erdgas aus unterirdischem Gestein gewinnen lässt, verzichtet. Man werde jetzt aber um „Bearbeitung der seit Jahren vorliegenden Anträge bitten“, so Martin Bachmann, Chef des Erdgasverbands BVEG. Angesichts dieses Vorstoßes will Dr. Julia Verlinden, Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen für Energiepolitik, in der Fragestunde des Bundestages am Mittwoch, 22. Juni 2016, erfahren, ob die Bundesregierung plant, das Gesetzespaket nun doch noch vor der Sommerpause im Parlament abstimmen zu lassen. Warum die Zeit für eine Regelung drängt – und wieso es für sie zu einem Fracking-Verbot keine Alternative gibt, erklärt die Abgeordnete für die Wahlkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg im Interview:


Frau Verlinden, fast fünf Jahre dauerte hierzulande die Fracking-Pause. In Erwartung einer gesetzlichen Regelung ließen die Konzerne ihre Anträge ruhen. Nun scheint ihnen der Geduldsfaden gerissen zu sein. So paradox es klingt: Sind Sie und andere Fracking-Kritiker für den Vorstoß vielleicht sogar dankbar – weil nun Bewegung in die Debatte kommt?

Es kommt darauf an, was die Bundesregierung daraus macht. Ich würde mich freuen, wenn sich die Große Koalition ihrer Verantwortung stellen und an dem Gesetz weiterarbeiten würde. Aber für uns als Grüne ist vor allem eines wichtig: dass am Ende ein echtes Fracking-Verbotsgesetz dabei herauskommt – und kein Fracking-Erlaubnispaket.

Fracking ist umstritten, insbesondere wegen des Risikos von schweren Umweltschäden. Unstrittig ist dagegen, dass dringender Regelungsbedarf besteht. Wird kein Gesetz verabschiedet, kann die Industrie nach bisherigem Recht fördern – und das will eigentlich niemand.

Ja, stimmt. Bislang ist Fracking weder explizit erlaubt noch verboten. Im Bundesbergrecht wurde bisher nicht festgeschrieben, wie mit solchen Anträgen umgegangen werden soll. Deshalb ist es in der Tat sehr wichtig, dass es bald zu einer Regelung kommt – auch im Interesse der Menschen, die in den Erdgasförderregionen schon jetzt die Auswirkungen jeden Tag zu spüren bekommen.

Aber warum stimmt der Bundestag nicht über den Gesetzentwurf ab?

Das müssen Sie die Koalition fragen! Eigentlich sollte vor fast genau einem Jahr, kurz vor der Sommerpause, die abschließende Beratung des Entwurfs stattfinden. Doch dann wurde sie kurzfristig verschoben. In den Medien war zu lesen, Grund dafür seien Unstimmigkeiten zwischen Union und SPD gewesen. Ich vermute aber, dass es eher an den Differenzen innerhalb der beiden Fraktionen gelegen hat. Die Äußerungen einzelner Abgeordneter zeigten deutlich, dass die Spaltung zwischen Fracking-Befürwortern und Fracking-Gegnern quer durch die einzelnen Fraktionen verläuft. Trotzdem müssen sie dringend zu einer Einigung kommen. Wie dringend, zeigt die Ankündigung der Konzerne. Wäre unser grüner Gesetzentwurf für ein Fracking-Verbot im April dieses Jahres im Bundestag angenommen worden, hätten wir Rechtssicherheit und die Unternehmen könnten jetzt keine Fracking-Anträge stellen. Dann wäre das Verbot schon in Kraft und Fracking untersagt.

In der Fragestunde erkundigen Sie sich, ob die Regierung plant, das Gesetzespaket noch vor der Sommerpause im Plenum beschließen zu lassen. Aber wie wahrscheinlich ist das?

Wie realistisch ein Beschluss ist, vermag ich nicht zu sagen. Fakt ist aber, dass wir in den Ausschüssen bereits eine Anhörung und intensive Debatten hatten. Die meisten Abgeordneten haben sich längst positioniert. Deshalb ist es jetzt an den Fachpolitikern und Fraktionsvorsitzenden, für eine Einigung in den Koalitionsfraktionen zu sorgen. Es sollte doch im Interesse der Regierungskoalition liegen, zu zeigen, dass sie handlungsfähig ist. Im Augenblick jedoch sieht es leider ganz nach dem Gegenteil aus. 

Aber selbst wenn ein Beschluss vor der Sommerpause kommen sollte – ein Fracking-Verbot wäre wohl eher unwahrscheinlich, oder?

Ich erwarte, dass die Koalitionsabgeordneten, die in ihren Wahlkreisen kritisch zu Fracking Stellung genommen haben, sich auch im Bundestag entsprechend verhalten und dazu beitragen, dass die Risikotechnologie untersagt wird. Andernfalls müssten sie sich zu Recht von ihren Wählern fragen lassen, wieso sie zu Hause im Wahlkreis erzählen, sie seien gegen Fracking – aber im Parlament die Chance vertun, ein Verbot durchzusetzen.

Aber ausgerechnet das rot-grün regierte Niedersachsen will Fracking nun wieder zulassen.

Von Wollen kann keine Rede sein. Die Erdgas-Industrie hat angekündigt, Anträge zu stellen. Diese müssen durch die zuständige Behörde, das Landesbergamt in Niedersachsen, geprüft und dem gültigen Bundesbergrecht entsprechend genehmigt werden. Weil aber Fracking im Augenblick nicht verboten ist, hat die Behörde wohl kaum eine andere Möglichkeit, als solche Anträge positiv zu bescheiden und Fracking zu erlauben.

Würden Sie nun sogar das Gesetzespaket der Regierung unterstützen, um überhaupt zu einer Neuregelung zu kommen Schließlich ist darin unter anderem vorgesehen, bei Frackvorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuschreiben. In Wasserschutzgebieten soll Fracking verboten sein.

Wir Grünen haben immer gesagt, dass wir strengere Regelungen auch für die ganz normale Erdgasförderung brauchen, solange wie wir sie noch nutzen. Schließlich ist sie auch ohne Fracking mit vielen Problemen verbunden – das Aufkommen von teils radioaktivem Lagerstättenwasser oder die Entstehung von seismische Erschütterungen, die vor Ort zu großen Schäden führen, sind nur zwei davon. Das Verbot von Fracking ist für uns dennoch ganz zentral. Die Klimaschutzverhandlungen in Paris haben gerade erst wieder gezeigt, dass ein Ausstieg aus der fossilen Energieförderung unumgänglich ist, um die Klimaziele zu erreichen. Die letzten Reste Erdgas aus dem Boden zu fracken, bringt uns in dieser Hinsicht kein Deut weiter – im Gegenteil. Gerade wir in Deutschland, die wir uns international gern als Klimaschutz-Vorreiter brüsten, sollten deswegen konsequent sein und Fracking verbieten. (sas/20.06.2016)