Datenschützerin: Dürftige Auskünfte der Behörden
Der Bundesnachrichtendienst (BND) kann nicht garantieren, dass in der gemeinsam mit dem US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling keine Kommunikationsdaten deutscher Grundrechtsträger erfasst wurden. Dies erklärte die zuständige Referatsleiterin bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) am Donnerstag, 12. November 2015, im NSA-Untersuchungsausschuss unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU). Die 56-jährige Juristin Gabriele Löwnau steht seit März 2012 an der Spitze des Referats V, das die Polizeien und Nachrichtendienste des Bundes in Angelegenheiten des Datenschutzes zu beraten und zu überwachen hat. Im Dezember 2013 und Oktober 2014 statteten Mitarbeiter ihrer Behörde der BND-Außenstelle Bad Aibling zwei Inspektionsbesuche ab.
Schriftliche Auskunftsersuchen
Vor dem Ausschuss berichtete Löwnau über die Ermittlungen, die das Amt des Datenschutzbeauftragten nach den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden über Machenschaften von US-Geheimdiensten in Deutschland eingeleitet hatte. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe ihre Behörde Anfang Juli 2013 schriftliche Auskunftsersuchen an das Kanzleramt für den BND und an das Bundesinnenministerium für das Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtet.
Dabei sei es um die Frage gegangen, wie die von Snowden enthüllten Kooperationen deutscher Sicherheitsbehörden mit US-Diensten abliefen und welche Informationen dabei in die USA übermittelt wurden. Alarmiert waren die Datenschützer von einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, das unter Berufung auf die Snowden-Unterlagen gemeldet hatte, allein aus Bad Aibling seien Monat für Monat 500 Millionen Datensätze deutscher Bürger in die USA abgeflossen.
Beanstandung nach dürftigen Auskünften
Auf die Anfragen ihrer Behörde hätten Kanzleramt und Innenministerium nur zögerlich reagiert, berichtete Löwnau. Erst nach einem vierten, energischer formulierten Schreiben Mitte August und einer Fristsetzung seien Antworten eingegangen, die aber nur teilweise zufriedenstellend gewesen seien. Ein regelrechter Disput habe sich über die Frage entsponnen, auf welcher Rechtsgrundlage deutsche Sicherheitsbehörden ihre US-Partner mit Informationen versorgten.
Namentlich die Auskünfte aus Innenministerium und Verfassungsschutz seien so dürftig gewesen, dass sich die Datenschützer Ende 2013 veranlasst gesehen hätten, eine förmliche „Beanstandung“ wegen fehlender Kooperation auszusprechen. Die „Beanstandung“, erläuterte Löwnau, sei das „einzige Schwert“ ihrer Behörde, die damit einen schwereren Verstoß gegen das Datenschutzgesetz feststellen könne. Sie habe allerdings keine weiteren Folgen.
„Unbefriedigende Antworten des BND“
Unbefriedigend seien aber auch die Antworten des BND gewesen, sodass sich die Datenschützer entschlossen hätten, in Bad Aibling selber nach dem Rechten zu sehen. So hätten Anfang Dezember 2013 ein Techniker, ein Jurist und eine Sachbearbeiterin ihres Referats der BND-Außenstelle eine Stippvisite abgestattet, dort allerdings den Eindruck gewonnen, dass eine weitere gründliche Inspektion erforderlich sei. Dazu seien im Oktober 2014 sechs Mitarbeiter der BfDI nach Bad Aibling gereist. Es sei überhaupt das erste Mal gewesen, dass ihre Behörde die Abhöranlage kontrolliert habe. Die Besucher hätten nicht gewusst, was sie dort erwartete.
Sie stellten fest, dass in Bad Aibling sechs Dateien geführt wurden. Nur für eine davon habe die gesetzlich vorgeschriebene Dateianordnung bestanden. Die übrigen seien der BfDI bis dahin unbekannt gewesen. Inspiziert wurde auch ein Filtersystem, das Daten deutscher Bürger, für die das grundgesetzlich garantierte Fernmeldegeheimnis gilt, aus den erfassten Informationen ausscheiden sollte. Ihre Gesprächspartner beim BND hätten selbst zugegeben, dass dies nicht vollständig, aber immerhin zu über 90 Prozent möglich sei, berichtete Löwnau. (wid/12.11.2015)