Ausstellung „Operation Heimkehr“ eröffnet
„Meine damalige Frau und mein Sohn wollen heute nichts mehr mit mir zu tun haben.“ Der Satz stammt aus dem Bericht eines Stabsunteroffiziers der Bundeswehr, der im Kosovo und in Afghanistan diente. Nach der Rückkehr aus vom Auslandseinsatz war seine Welt eine andere. Im Alltag fing er an, gewalttätig zu werden – gegenüber Fremden, aber auch gegenüber seiner Familie. Bei dem Soldaten wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Der Fall des Stabsunteroffiziers ist einer von vielen, die in der Ausstellung „Operation Heimkehr“ präsentiert wird, die von Donnerstag, 25. September, bis Freitag, 17. Oktober 2014, nach vorheriger Anmeldung im Paul-Löbe-Haus des Bundestages in Berlin zu sehen ist.
Fotografien mit Biografie und Interviewausschnitt
Die Macherinnen, haben für die Ausstellung und ein gleichnamiges Buch 74 Soldaten und Soldatinnen porträtiert – in Bild und Wort. Im Paul-Löbe-Haus ist davon eine Auswahl in schlichten, weißen Kästen zu sehen. Den in Schwarzweiß gehaltenen Fotografien ist eine Kurzbiografie und ein Ausschnitt aus dem Interview beigestellt. Die vollständigen Beiträge können an einem Computerterminal abgerufen werden.
So individuell wie die Gesichter der Porträtierten sind auch ihre Geschichten. Einige der Soldaten und Soldatinnen berichten von schlimmsten Erfahrungen: Die eigene Verwundung und deren Folgen, der Verlust von Kameraden, die Sinnsuche nach der Rückkehr. Ein Heimkehrer erzählt vom „Supermarkt-Syndrom“ – die Angst, Supermärkte zu betreten, da es im Einsatz galt, Menschenmengen zu meiden.
Die besondere Verantwortung des Bundestages
Über die Erfahrungen mit der Staatsanwaltschaft berichtet ein Hauptfeldwebel. Der Soldat hatte in Afghanistan an einer Straßensperre auf ein Auto geschossen – er befürchtete ein Anschlag. Doch in dem Fahrzeug saßen Zivilisten. Eine Frau und zwei Kinder starben. Die routinemäßigen Ermittlungen wurden schließlich eingestellt. Andere Beiträge konzentrieren sich weniger auf direkte psychische und physische Folgen, sondern stellen die Frage nach der Anerkennung des Soldatentums in Deutschland.
Politische Entscheidungen haben Folgen. Die politischen Entscheidungen, die hinter den Schicksalen der Männer und Frauen in Uniform stehen, sind die Mandatsbeschlüsse des Deutschen Bundestages. Da die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist, trägt der Bundestag eine besondere Verantwortung für die Soldaten – auch nach ihrem Einsatz im Ausland, wie Bundestagspräsident Prof. Dr. Nobert Lammert bei der Ausstellungseröffnung am Mittwoch, 24. September 2014, hervorhob.
Die Wirkungen der Einsätze auf die Soldaten
Die Ausstellung, die sich Lammert von Scheffer und Würich persönlich zeigen ließ, sei immens wichtig. „Sie macht aufmerksam auf die Wirkungen, die Einsätze der Bundeswehr auf Soldaten haben“, sagte Lammert. Es sei wichtig, dafür ein öffentliches Bewusstsein zu schaffen. „Viele Soldaten und Soldatinnen empfinden, dass es niemanden interessiert, wie ihre ‚Operation Heimkehr‘ abläuft“, sagte Lammert.
Auch Dr. Hans-Peter Bartels (SPD), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, merkte an, dass die Auswirkungen der Einsätze bislang zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hätten. „Die Ausstellung macht sichtbar, dass nicht die Bundeswehr, sondern Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr in Einsätze gehen.“
„Es sollte nicht nur Negativschlagzeilen geben“
Unter den ersten Besuchern waren auch Angehörige der Bundeswehr und deren Familien. Für sie spielt die Anerkennung ihres Tuns eine wichtige Rolle. Petra Rischewski etwa weiß davon zu berichten. Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter sind beide Soldaten, beide waren schon im Auslandseinsatz. Es falle ihnen schwer, sagt sie, über eigene Sorgen zu sprechen, weil es häufig an Verständnis fehle. Das hat Folgen: „Man erzählt nicht mehr so viel.“ Sie hofft, dass sich der gesellschaftliche Umgang mit den Soldaten ändert, auch in den Medien: „Es sollte nicht nur Negativschlagzeilen geben.“
Auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, lobte die Ausstellung und ihre Intention. Er erinnerte allerdings auch an jene, die aus dem Einsatz nicht mehr zurückkehren. „Das ist die schlimmste Form der Heimkehr“, sagte Königshaus.
Elektronische Informationsstele
Eine elektronische Informationsstele bietet die Möglichkeit, das Thema zu vertiefen und die 74 Porträts aus 17 Auslandseinsätzen abzurufen, die im gleichnamigen Buch „Operation Heimkehr“ veröffentlicht sind. Das Buch ist 2014 im Ch. Links Verlag erschienen.
Besucherinnen und Besucher können sich telefonisch (030/227-38883) oder per E-Mail (info-ausstellungen-plh@bundestag.de) anmelden. Geöffnet ist die Ausstellung montags von 9 bis 15 Uhr, dienstags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr. Zum Einlass am Westeingang des Paul-Löbe-Hauses, Konrad-Adenauer-Straße 1, muss ein Personaldokument mitgebracht werden. Der Eintritt ist frei. (scr/24.09.2014)