Ministerin Nahles will die Tarifeinheit stärken
Eine arbeitsmarktpolitische Generaldebatte ohne das Thema Mindestlohn – das gab es in den vergangenen Jahren selten. Andere Themen gerieten dabei oft in den Hintergrund. Bei der Debatte über den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 2015 (18/2000, Einzelplan 11) am Donnerstag, 11. September 2014, zeigte sich deutlich, dass es der Ministerin und den Abgeordneten nicht an anderen Schwerpunktthemen mangelte, die diese als zentrale Herausforderungen der Zukunft identifizierten.
Ministerin: Tarifeinheit einführen
Unter Bezug auf die jüngsten Streiks von Lokführern und Piloten, die „Klientelpolitik“ für Wenige betrieben, kündigte die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles (SPD) an, das Prinzip der Tarifeinheit wieder stärken zu wollen. „Ein Betrieb – ein Tarif“, dies müsse wieder gelten. Es könne nicht sein, dass Spartengewerkschaften zentrale Teile des Landes lahmlegen, so Nahles.
Als weitere wichtige Ziele benannte sie einen verbesserten Übergang von der Schule zum Beruf. „Da verlieren wir zu viele Jugendliche“, mahnte sie und machte klar, dass dieser Übergang keine Stolperfalle mehr sein dürfe. 500 Millionen Euro würden deshalb für die Berufseinstiegsbegleitung in den nächsten Jahren investiert, so die Ankündigung.
Auch für den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit stünden 900 Millionen Euro bereit, denn die hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen stagniere seit 2009. Nahles machte klar, dass sie wegkommen will von Passivleistungen hin zu einer aktivierenden Förderung von Langzeitarbeitslosen. Für den Herbst kündigte sie eine „Partnerschaft für Fachkräfte“ aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gewerkschaften an, um „das Thema der Zukunft“, die Fachkräftesicherung, anzugehen.
Linke: Ende des „Sackgassenprogramms“
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, dass ihr „Zukunftspaket“ in Wirklichkeit in „Sackgassenprogramm“ sei. An zentralen Einschnitten der schwarz-gelben Vorgängerregierung würde die SPD trotz ihrer damaligen Kritik nichts ändern. So werde zum Beispiel an dem Wegfall der Heizkostenkomponente beim Wohngeld und an dem Wegfall der Rentenbeitragszahlungen für Hartz-IV-Empfänger nicht gerüttelt, sagte Lötzsch.
In Bezug auf das Thema Rente verlangte sie, „endlich die Rentenmauer zwischen Ost und West“ einzureißen. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung müsse Schluss sein damit, Menschen in Ost und West gegeneinander auszuspielen, sagte die Vorsitzende des Haushaltsausschusses.
CDU/CSU: Flexibel in die Rente starten
Sabine Weiss (CDU/CSU) verwies zwar auf die enormen 177 Milliarden Euro, die in dem insgesamt 125 Milliarden Euro starken Etat des Ministeriums für Sozialausgaben eingeplant sind. Aber dieser sei immerhin Teil eines ausgeglichenen Bundeshaushalts, ein Umstand, der in Zukunft „Normalität“ werden soll.
Weiss machte zwei große arbeitsmarktpolitische Themen für die Zukunft aus. Zum einen betonte sie wie Nahles die Bedeutung der Tarifeinheit. Zum anderen warb sie für die Idee der Flexi-Rente, also einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Die Lösung der Zukunft könne nicht sein, dass Menschen immer früher in Rente gehen können, sondern dass Möglichkeiten für ein längeres Arbeiten geschaffen werden. „Die Menschen sollen selbstbestimmt in Rente gehen können“, sagte Weiss.
Grüne: Altersarmut wird vernachlässigt
Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, mit 125 Milliarden Euro sei der Etat des Ministeriums zwar der größte Einzelposten des Bundeshaushalts. „Aber, wenn wir ehrlich wären, müsste der Etat noch höher ausfallen“, sagte die Grünen-Abgeordnete. Damit erneuerte sie die Kritik der Grünen an der Finanzierung der Kosten des Rentenpaktes durch Beitragsmittel.
Diese Kosten würden den Haushalt in den kommenden Jahren stark belasten, wenn die Reserven der Rentenversicherung abgeschmolzen sind, warnte sie. Auch kritisierte sie, dass die Bundesregierung das Thema Altersarmut nicht anpacke, und warb für das grüne Modell einer Garantierente.
SPD: Bundesteilhabegesetz ist „Herkulesaufgabe“
Ewald Schurer (SPD) betonte, ein zentrales Ziel sozialdemokratischer Politik sei es dafür zu sorgen, dass die Menschen möglichst lange am Berufsleben partizipieren können. Ebenso wichtig sei es aber, mehr Menschen, zum Beispiel solche mit Behinderungen, besser in die Arbeitswelt zu integrieren. Der Bund unterstütze die Kommunen hier derzeit mit einer Milliarde Euro.
Vorbereitet werde aber auch ein Bundesteilhabegesetz, eine „Herkulesaufgabe“, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf eine neue Grundlage zu stellen. Auch damit würden die Kommunen in diesem Bereich noch einmal zusätzlich entlastet.
Gesamtausgaben von fast 125 Milliarden Euro
Der Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist der größte Einzelposten im Bundeshaushalt 2015. Er sieht insgesamt Ausgaben von 124,84 Milliarden Euro (2014: 121, 98 Milliarden Euro) vor. Die Einnahmen belaufen sich auf 1,89 Milliarden Euro (1,78 Milliarden Euro). Den größten Posten machen Leistungen an die Rentenversicherung aus. Diese belaufen sich auf 84,86 Milliarden Euro (82,96 Milliarden Euro).
Für die Beteiligung an den Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gibt der Bund 5,88 Milliarden Euro (5,45 Milliarden Euro) aus. Für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind 31,76 Milliarden Euro (31,06 Milliarden Euro) eingeplant. Davon entfallen 19,2 Milliarden Euro auf das Arbeitslosengeld II. Diese Summe hat sich gegenüber 2014 nicht verändert. (che/11.09.2014))