Empfehlungen des NSU-Ausschusses
Der Bundestag macht sich dafür stark, die Konsequenzen aus den Erkenntnissen über die Fehlgriffe und Pannen von Polizei und Geheimdiensten bei den jahrelang erfolglosen Ermittlungen zu der dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) angelasteten Mordserie zügig umzusetzen. Einen entsprechenden Aufruf an die Regierung will das Parlament am Donnerstag, 20. Februar 2014, im Rahmen einer Diskussion über die vom NSU-Untersuchungsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode erarbeiteten Forderungen (17/14600) verabschieden. Dazu haben Union, SPD, Linke und Grüne einen gemeinsamen Antrag (18/558) vorgelegt. Zu den Vorschlägen gehören etwa eine engere Kooperation der Sicherheitsbehörden oder eine verstärkte Präventionsarbeit, um das Abgleiten junger Leute in die rechtsextreme Szene zu verhindern. Die Debatte beginnt gegen 10.10 Uhr und dauert etwa 105 Minuten.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Mehr Kompetenzen für den Generalbundesanwalt
Mit dieser Diskussion wollen die vier Fraktionen unterstreichen, dass sie der Auseinandersetzung mit dem staatlichen Versagen bei den gescheiterten Recherchen zu der Erschießung von neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin weiterhin große Bedeutung beimessen. Justizminister Heiko Maas (SPD) hat im Rechtsausschuss erklärt, die Regierung wolle die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses rasch verwirklichen.
Der SPD-Politiker möchte vor allem dem Generalbundesanwalt mehr Kompetenzen zubilligen: Er soll Ermittlungsverfahren zu gravierenden Delikten schneller an sich ziehen können, und zwar auch dann, wenn sich unterschiedliche Staatsanwaltschaften nicht über die Abgabe eines Verfahrens nach Karlsruhe einigen können. Der Resolutionsentwurf der vier Fraktionen bekräftigt die 50 vom Untersuchungsausschuss aufgestellten Forderungen, die vom Bundestagsplenum im September 2013 bei der einstimmigen Billigung des über 1.300 Seiten starken Abschlussberichts des parlamentarischen Gremiums gutgeheißen worden waren.
„Ausländerfeindliche Motive prüfen“
Das Plädoyer für eine engere Kooperation zwischen Polizei- und Geheimdienstbehörden auf Bundes- und Länderebene birgt wegen des damit verbundenen Eingriffs in Kompetenzen durchaus Konfliktpotenzial in sich. Bei bedeutsamen länderübergreifenden Fällen sei eine „zentrale ermittlungsführende Dienststelle mit klar geregelten Weisungsbefugnissen“ zu schaffen.
Dabei müsse es sich nicht zwingend um das Bundeskriminalamt handeln, das könne auch eine entsprechend beauftragte Landespolizei sein. Sinnvoll sei eine Polizeieinheit, die alte ungelöste Fälle immer mal wieder neu prüft. Der Untersuchungsausschuss regte an, bei Gewaltdelikten an Migranten stets auch ausländerfeindliche Motive zu prüfen, sofern Hinweise nicht in andere Richtungen weisen.
„Parlamentarische Kontrolle intensivieren“
„Interkulturelle Kompetenz“ müsse zum festen Bestandteil der Polizeiausbildung werden, heißt es in dem umfangreichen Forderungskatalog. In der Aus- und Fortbildung sollen auch die erfolglosen Ermittlungen zu der dem NSU zugerechneten Mordserie behandelt werden.
Ein besonderes Augenmerk legte der Ausschuss auf den Inlandsgeheimdienst. Es sei unabdingbar, dessen parlamentarische Kontrolle zu intensivieren. Künftig müssten die im Verfassungsschutzverbund vorliegenden Informationen von länderübergreifender Bedeutung „zentral zusammengeführt und auch tatsächlich gründlich ausgewertet werden“.
Neuregelung bei V-Leuten verlangt
Die Frage nach Eignung, Auswahl und Arbeit von V-Leuten bedürfe einer Neuregelung. Für Speicherung, Archivierung und Löschung von elektronischen und Papierakten seien klare Vorgaben nötig. Gestärkt werden soll die Rolle der internen Datenschutzbeauftragten bei den Nachrichtendiensten.
All diese Vorschläge werden fraktionsübergreifend unterstützt. Beim Einsatz von Spitzeln gehen Linke und Grüne indes weiter und verlangen, diese Praxis generell zu beenden. Zum Abschluss der Arbeit des Untersuchungsausschusses plädierten die Linken zudem dafür, den Inlandsgeheimdienst abzuschaffen, während sich die Grünen dafür stark machten, das Bundesamt für Verfassungsschutz aufzulösen und neu aufzubauen. (kos/18.02.2014)