Bundestag lehnt Einführung von Marktwächtern ab
Der Bundestag lehnt die Einführung von Marktwächtern ab. Am Mittwoch, 12. Juni 2013, votierte das Plenum mit der Mehrheit der Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen drei Anträge (17/8894, 17/8764, 17/6503) von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die Verbraucherzentralen sollten als Marktwächter die Interessen der Verbraucher in den Bereichen Finanzen, Telekommunikation, Gesundheit und Energie vertreten.
CDU/CSU: Verbraucherzentralen müssen Partei ergreifen
Zwar sei das Anliegen, das hinter den Anträgen stehe, ehrenwert, doch dramatisiere die SPD die Lage der Verbraucher, stellte Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) für seine Fraktion fest. „Die Marktwirtschaft ist nicht aus dem Lot geraten“, entgegnete er der Antragsbegründung der Sozialdemokraten. Der Unionspolitiker bezweifelte, dass die Verbraucherzentralen den Markt objektiv beaufsichtigen können. „Als Interessensvertreter der Verbraucher müssen sie Partei ergreifen.“ Für Brinkhaus sei das ein Widerspruch in den Anträgen.
Doch stimmte er auch in einigen Punkten zu, denn „es ist richtig, dass Anbieter und Verbraucher nicht mehr miteinander auf Augenhöhe stehen“. Doch statt Marktwächter erst einführen zu müssen, habe die Bundesregierung bereits eine Menge für den Verbraucherschutz getan. Brinkhaus zählte Verbesserungen im Anlergerschutz im Bereich offener Immobilienfonds auf. Auch sei das Finanzanlagevermittlergesetz ein Verdienst der Regierung, denn dadurch sei ein Bereich des grauen Kapitalmarktes reguliert worden. Zudem habe die Regierung das Honorarberatungsgesetz eingeführt.
SPD: Marktwächter sollen ein Frühwarnsystem sein
Kerstin Tack (SPD) stellte der ablehnenden Haltung ihres Vorredners die Forderung entgegen, dass die Stärkung der Verbraucherrechte ein Anliegen der Bundesregierung sein sollte. „Die Stärkung der Rechte ist mehr, als bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen Verbraucherbeirat einzurichten“, kritisierte sie kleinteilige Anpassungen durch die Regierung in den vergangenen Jahren.
„Marktwächter sollen als kollektive Kontrolle die Funktion eines Frühwarnsystems einnehmen“, erklärte sie die Absicht hinter der Forderung. Die Marktwächter sollen Angebote von Unternehmen analysieren, Verbraucher informieren, die Einhaltung von Verbraucherrechten bewerten, Probleme bearbeiten, rechtswidrige Praktiken bekämpfen und sich in Gremien und Beiräten einbringen. „Die Verbraucherzentralen genießen ein Höchstmaß an Vertrauen in der Bevölkerung“, warb sie. Die entstehenden Kosten sollen durch Kartell- und Bußgeldstrafen gedeckt werden.
Die Linke: 600.00 besitzen kein Girokonto
„Diese Regierung hat sich aber mehr darauf konzentriert, Banken zu retten, statt die Verbraucher zu schützen“, widersprach Caren Lay (Die Linke) der guten Selbsteinschätzung der Union. „Es ist Realität, dass über 600.00 Menschen in diesem Land kein Girokonto besitzen. “ Es sei beschämend, dass die Regierung es nicht geschafft habe, ein Recht auf ein Girokonto einzuräumen.
Lay stimmte jedoch in die CDU/CSU-Kritik ein, dass die Marktaufsicht eine hoheitliche Aufgabe sei. Statt diese den Marktwächtern zu überlassen, solle aus diesem Grund eine Verbraucherbehörde eingerichtet werden. „Das ist aber kein Argument gegen Finanzwächter“, stellte Lay klar. So solle den Verbraucherzentralen das Sammel- und Verbandsklagerecht eingeräumt werden, um den Verbänden einen größeren Handlungsspielraum einzuräumen.
FDP: Wir haben bereits Markwächter
Forderungen, die Dr. Erik Schweickert (FDP) ablehnte, denn „wir haben bereits Markwächter“. Die Verbraucher würden nur mehr Orientierung und Wissen benötigen, dass durch eine Vielzahl von Organisationen geboten und bereitgestellt werde. „Die Verbraucherzentralen dürfen abmahnen bei Täuschung und Betrug“, stellte er fest. Das müsse genügen.
„Den Verbrauchern fehlt es nicht an Aufsicht und Beschwerdestellen in Deutschland“, sagte Schweickert. Doch die SPD wolle die staatliche Aufgabenhoheit an die Verbraucherzentralen ausgliedern. Schwarz-Gelb habe hingegen die finanzielle Unterstützung für den Verbraucherschutz ausgeweitet, Stiftungskapital erhöht und durch Bankenrettungen auch das Vermögen der Verbraucher geschützt.
Grüne: Keine Fortschritte im Verbraucherschutz
Dass der Regierung bis heute kein Fortschritt bei der Deckelung von Dispositionszinsen und nicht die Einführung des Girokontos für Jedermann gelungen sei, kreidete Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen) den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung an. „Die Lebensmittelampel wurde verhindert und die Veröffentlichung von Ergebnissen von Hygienekontrollen ist nicht möglich.“
Auch gebe es keine Verbesserung für Opfer im Bereich des Missbrauchs bei Inkassoabmahnungen. „Die haben Sie im Regen stehen lassen“, warf Maisch dem Regierungslager Untätigkeit vor. Zwei Drittel der Verbraucher würden vermuten, dass sie von Anbietern von Finanzprodukten oder Lebensmittelproduzenten getäuscht oder geschädigt werden, sagte Maisch. Nach acht Jahren Verbraucherschutzpolitik der Union sei das ein schlechtes Ergebnis, so die Grüne.
Der Bundestag schloss sich mit seinen Voten einer Empfehlung des Verbraucherschutzausschusses an (17/9759). Ein weiterer Antrag der SPD-Fraktion zur Einführung von Marktwächtern (17/13709) wurde an den Verbraucherschutzausschuss überwiesen. (eis/12.06.2013)