Zehn Jahre deutsch-französischer Parlamentspreis
Im Vorfeld der gemeinsamen Sitzung der französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) und des Deutschen Bundestages aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages traf sich am Montag, 21. Januar 2013, die Jury für den deutsch-französischen Parlamentspreis. Vor zehn Jahren, anlässlich des 40. Jahrestages 2003, hatten die Präsidien beider Parlamente beschlossen, diesen Preis auszuloben. Dadurch sollte das bereits über vierzig Jahre lang gewachsene Geflecht der Beziehungen zwischen beiden Ländern noch dichter geknüpft und ihm ein zusätzliches Element hinzugefügt werden.
Mit 10.000 Euro dotiert
Mit dem Parlamentspreis werden Werke hoher Qualität ausgezeichnet, die in je eigener Weise und in besonderem Maße „zur besseren gegenseitigen Kenntnis beider Länder beitragen“, wie es in den von den Präsidenten der beiden Parlamente in einem gemeinsamen Beschluss am 23. Juni 2004 vereinbarten Leitsätzen des Parlamentspreises heißt.
Zugleich soll der Preis Wissenschaftler und andere Autoren in Deutschland und Frankreich anspornen, sich mit Geschichte, Kultur, Rechtswesen und Politik der beiden Länder zu befassen. Der Preis, der jeweils an einen deutschen und einen französischen Staatsbürger geht, ist mit je 10.000 Euro dotiert und wurde zunächst jährlich verliehen. Seit 2008 wird er alle zwei Jahre von den Präsidenten der beiden Parlamente vergeben.
Beiträge zur besseren gegenseitigen Kenntnis beider Länder
Um die Auszeichnung können sich deutsche und französische Staatsbürger bewerben, die ein juristisches, wirtschafts-, sozial-, politik- oder geisteswissenschaftliches Werk in deutscher oder französischer Sprache verfasst haben, das zur besseren gegenseitigen Kenntnis beider Länder beiträgt.
Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury unter Vorsitz der Präsidenten der beiden Parlamente. Den Vorsitz der deutschen Jury hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert inne. Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Axel Schäfer (SPD) und Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) sind als Abgeordnete in der Jury vertreten.
Die deutsche Teiljury
Axel Schäfer ist Nachfolger von Angelika Schwall-Düren (SPD), die nach ihrem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag ihre Mitgliedschaft in der Jury abgab. In seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion ist Axel Schäfer unter anderem auch mit deutsch-französischen Fragen befasst. Der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff ist Vorsitzender der deutsch-französischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag.
Als Wissenschaftler beteiligen sich auf deutscher Seite Prof. Dr. Helene Harth, Emerita der Universität Potsdam und ehemalige Präsidentin der Deutsch-Französischen Hochschule mit Sitz in Saarbrücken, und Prof. Dr. Hartmut Kaelble, Humboldt-Universität zu Berlin, Professor für Sozialgeschichte und Sprecher des Direktoriums des Berliner Kollegs für vergleichende Geschichte Europas.
Die französische Teiljury
Der französischen Teiljury gehören neben dem Präsidenten der Assemblée nationale, Claude Bartolone als Vorsitzendem, auch die Abgeordneten Pierre-Yves Le Borgn‘ und Bruno Le Maire an sowie Professor René Lasserre, Direktor des CIRAC, des Interdisziplinären Deutschlandstudien- und Forschungszentrums, das der Universität Cergy-Pontoise angegliedert ist und sich insbesondere mit wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fragen befasst.
Professor Lasserre gehört der Jury seit der ersten Vergabe des deutsch-französischen Parlamentspreises an. Neu hinzu kam 2006 Professor Anne-Marie Le Gloannec, die ehemalige stellvertretende Direktorin des Centre Marc Bloch in Berlin. Le Gloannec ist außerdem Mitgründerin des Arbeitsbereichs „Föderalismus und Europäischer Raum“ am Deutsch-Französischen Forschungszentrum für Sozialwissenschaften in Berlin und beschäftigt sich mit der Frage einer europäischen Öffentlichkeit.
Gemeinsame Jurysitzung
Nachdem die beiden nationalen Teiljurys in getrennten Sitzungen jeweils französische beziehungsweise deutsche Werke für die engere Wahl ausgewählt haben, wird in einer gemeinsamen deutsch-französischen Jurysitzung der oder die deutsche und französische Preisträger oder Preisträgerin bestimmt. Im Vorfeld dieser gemeinsamen deutsch-französischen Sitzung übermitteln die beiden Teiljurys Gutachten ihrer ausgewählten Werke an die jeweils andere Teiljury.
Die Preise werden von den beiden Parlamentspräsidenten in einer Feierstunde überreicht. Die Preisträger der Jahre 2004 und 2006 erhielten ihre Preise im Rahmen einer Feierstunde in Paris, die Preisträger des Jahres 2008 in Annecy-le-Vieux (Savoyen). Die Preisträger des Jahres 2005 wurden in Berlin, die Preisträger des Jahres 2010 in Überlingen am Bodensee geehrt.
Die bisherigen Preisträger
Die bisherigen Preisträger waren: 2010 Anne Kwaschik: „Auf der Suche nach der deutschen Mentalität. Der Kulturhistoriker und Essayist Robert Minder“ und Evelyne und Victor Brandts: „Aujourd’hui l’Allemagne“ (Deutschland heute).
2008 Tim Geiger: „Atlantiker gegen Gaullisten. Außenpolitischer Konflikt und innerparteilicher Machtkampf in der CDU/CSU 1958-1969“ und Magali Gravier: „Good Bye Honecker ! Identité et loyauté dans les administrations est-allemandes (1990-1999)“ (Identität und Loyalität in ostdeutschen Verwaltungen 1990 bis 1999).
2006 Matthias Waechter: „Der Mythos des Gaullismus. Heldenkult, Geschichtspolitik und Ideologie 1940-1958“ und Olivier Bobineau: „Dieu change en paroisse: une comparaison franco-allemande“ (Die Veränderung des Bildes Gottes in der Pfarrgemeinde: Ein deutsch-französischer Vergleich).
2005 Martin Schieder: „Im Blick des Anderen. Die deutsch-französischen Kunstbeziehungen 1945-1959“ und Prof. Denis Goeldel: „Le tournant occidental de l’Allemagne après 1945. Contribution à l’histoire politique et culturelle de la RFA“ (Die Westorientierung Deutschlands nach 1945. Ein Beitrag zur politischen und kulturellen Geschichte der Bundesrepublik).
2004 Prof. Thilo Schabert: „Wie Weltgeschichte gemacht wird – Frankreich und die deutsche Einheit“ und Prof. Dominique Bourel: „Moses Mendelssohn, la naissance du judaïsme moderne“ (Moses Mendelssohn, die Geburt des modernen Judentums). (jk/vom/15.01.2013)